Hintergrund
Die COVID-19-Infektion stellt mit ihrer pandemischen Ausbreitung weltweit die Gesundheitssysteme vor große Herausforderungen. Beschäftigte im Gesundheitsdienst sind besonders häufig von einer Infektion betroffen (Fischer-Fels 2020). Zur Prävention nosokomialer Übertragungen der SARS-CoV-2-Viren ist die Verwendung von persönlicher Schutzausrüstung (PSA), vor allem unterschiedlicher Typen von Schutzmasken, in allen Pflegebereichen notwendig geworden (Smart et al. 2020). In der Literatur gibt es Hinweise, dass Beschäftigte im Gesundheitswesen durch das vermehrte Tragen von PSA während der Pandemie Hautirritationen entwickeln. Bereits frühzeitig wurde aus dem asiatischen Raum sowohl über Hautveränderungen im Gesicht als auch über eine Zunahme von Handekzemen mit zum Teil hohen Prävalenzen berichtet (Lan et al. 2020; Lin et al. 2020). Zahlreiche Reviews stellten Hautirritationen im Zusammenhang mit dem Tragen von PSA bei Beschäftigten im Gesundheitsdienst als ein weltweitverbreitetes Phänomen in der COVID-19-Pandemie fest (Galanis et al. 2021; Keng et al. 2021; Montero-Vilchez et al. 2021). Als Einflussfaktoren werden unter anderem die Tragehäufigkeit und -dauer, das Ausmaß der verwendeten PSA, das Verwenden von FFP2-Masken im Vergleich zu chirurgischen Masken, das Geschlecht (Frauen sind häufiger als Männer betroffen), die Nichtverwendung von Feuchtigkeitscremes sowie eine bestehende Dermatitis genannt (Barnawi et al. 2021; Galanis et al. 2021; Keng et al. 2021; Montero-Vilchez et al. 2021). Ong und Kollegen (2020) berichten über PSA-assoziierte Kopfschmerzen bei Beschäftigten im Gesundheitswesen während der COVID-19-Pandemie. Im untersuchten Kollektiv war eine N95-Masken- und Schutzbrillentragedauer von über vier Stunden pro Arbeitsschicht mit Kopfschmerzen, thermischem Unwohlsein, Feuchtigkeitsansammlung und Atembeschwerden assoziiert. Thermische Faktoren können in Verbindung mit Feuchtigkeit beim Tragen von PSA eine unspezifische Hautirritation beziehungsweise eine Verschlimmerung von anlagebedingten Hauterkrankungen zur Folge haben (Messeri et al. 2021; Powala 2020, s. „Weitere Infos“). Hautirritationen können zu individuellen Beeinträchtigungen und zu Arbeitsausfällen führen. Es fehlen bislang Daten aus Deutschland, die zeigen, in welchem Maße Beschäftigte im Gesundheitswesen von Hautproblemen in diesem Zusammenhang betroffen sind. Ziel der im Folgenden beschriebenen Studie ist es, die Prävalenz von Hautirritationen bei Pflegekräften im Zusammenhang mit dem Tragen von PSA während der COVID-19-Pandemie zu untersuchen. Dabei sollen Einflussfaktoren für das Auftreten von Hautirritationen identifiziert sowie Maßnahmen vorgeschlagen werden, die helfen, die Entstehung zu vermeiden.
Beschreibung der Studie
Die Studie verfolgt den Ansatz einer gemischten Methodenanwendung. Eine moderierte Fokusgruppendiskussion mit Expertinnen und Experten aus dem Gesundheitswesen wurde im November 2020 durchgeführt.
Im Anschluss erfolgte ein Online-Survey zur Prävalenz von Hautirritationen durch die Verwendung von PSA sowie zu Präventionsmaßnahmen. Zielgruppe waren Pflegekräfte. Die Studie wurde im Querschnittdesign durchgeführt. Die Einladung zur Teilnahme ging an 15.959 Mitglieder des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe (DBfK) während des Zeitraums vom 21.05.2021 bis zum 13.06.2021. In dieser Arbeit werden sowohl die Ergebnisse der Fokusgruppendiskussion als auch der Befragung der Pflegekräfte präsentiert.
Die in dieser Studie erhobenen Daten wurden im Rahmen des Online-Surveys ohne Erfassung personenbezogener oder personenbeziehbarer Angaben erhoben. Die im Rahmen der Fokusgruppe erhobenen Daten wurden mit Einverständnis der Teilnehmenden anonymisiert verarbeitet. Sie unterliegen damit nicht den Richtlinien der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zur Verarbeitung personenbezogener Daten. Das Datenschutzkonzept wurde in Abstimmung mit der Datenschutzbeauftragten der BGW erstellt, eine Beteiligung einer Ethikkommission ist bei anonymen Datenerhebungen nicht vorgesehen.
Die Bezeichnung des Begriffs PSA wird in dieser Studie entsprechend der internationalen Verwendung verstanden und umfasst sowohl die Schutzausrüstung zum persönlichen wie zum Fremdschutz. Der Einsatz von PSA wird in Deutschland über die Technische Regel für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA 250) vorgegeben und sieht primär den Zweck des Eigenschutzes von Beschäftigten vor. Um diesen gewährleisten zu können, werden mit dem Begriff PSA bestimmte technische Eigenschaften verknüpft. Diese Kriterien erfüllt im beruflichen Umfeld zum Beispiel ein medizinischer Mund-Nasen-Schutz (MNS) bei Tätigkeiten mit spezifischen Infektionsrisiken nicht, er zählt gemäß der TRBA 250 nicht zur PSA.
Statistische Analysen
Die qualitative Auswertung erfolgte systematisiert und theoriegeleitet (Mayring 2015). Für die quantitative Auswertung werden deskriptive Statistiken (absolute Anzahl, relative Häufigkeit, Mittelwert und Standardabweichung (SD)) angegeben. Einflussgrößen für die Zielgröße „neue Hautirritation“ wurden univariat mittels Chi-Quadrat-Test und multivariat anhand einer binär logistischen Regression untersucht, es werden Odds Ratios (OR) und Konfidenzintervalle (KI) angegeben. P-Werte von < 0,05 wurden als statistisch signifikant betrachtet.
Fokusgruppendiskussion mit Expertinnen und Experten
An der Fokusgruppendiskussion haben insgesamt zehn Expertinnen und Experten aus den Bereichen der universitären Berufsdermatologie, der klinischen Pflege und ambulanten Altenpflege sowie Vertreterinnen und Vertreter der im Krankenhaus und ambulant tätigen (Zahn-)Ärztinnen und -Ärzte, der Unfallversicherung und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte teilgenommen. Berufsdermatologinnen und -dermatologen sind sowohl von einer Zunahme der Handekzeme als auch von einem vermehrten Aufkommen von Gesichtsdermatosen während der Pandemie ausgegangen, obgleich sich in der Praxis nicht die erwarteten Häufungen zeigten. Im Klinikbereich, in der ambulanten Altenpflege sowie in einer spezifisch eingerichteten Corona-Berufs-Ekzem-Sprechstunde, fielen vor allem Fälle von Gesichtsdermatosen auf. Als Risikofaktoren für Hautveränderungen durch das Tragen von Schutzmasken wurden hauptsächlich bestehende Dermatosen, als auslösende Faktoren die Tragehäufigkeit und -dauer sowie die mangelnde Verfügbarkeit adäquater Produkte während der Pandemie genannt. Die Expertinnen und Experten beschrieben die beobachteten Gesichtsdermatosen als subjektiv belastend mit überwiegend mäßigem Krankheitswert.
Befragung von Pflegekräften im Rahmen eines Online-Surveys
An der Befragung nahmen 1691 Pflegekräfte teil, in die Auswertung eingeschlossen wurden nur die Angaben derjenigen, die aktiv im Beruf waren (n = 1559). Die befragten Pflegekräfte der Stichprobe waren durchschnittlich 45 Jahre alt (SD 12) und überwiegend Frauen. Gesundheits- und Krankenpflegekräfte hatten den größten Anteil, überwiegend arbeiteten die Befragten in Vollzeit und in Krankenhäusern (➥ Tabelle 1). Von den Pflegekräften mit einer Tätigkeit im Krankenhaus war knapp die Hälfte in der stationären Versorgung, 28 % auf einer Intensivstation und 20 % in weiteren Funktionsbereichen tätig. In der Pflege von COVID-19-Erkrankten arbeitete stationär ein Drittel, auf Intensivstationen waren es 80 % der Beschäftigten (nicht in Tabelle aufgeführt).
Prävalenz bestehender Hauterkrankungen
Die Prävalenz bestehender Hauterkrankungen lag in der untersuchten Stichprobe bei 17 %. Am häufigsten wurden atopische Dermatitis (41 %), Handekzem (29 %) und Psoriasis (14 %) genannt. Von den Personen mit Vorerkrankung gaben 56 % an, dass durch das Tragen von Schutzausrüstung während der Pandemie eine Verschlimmerung eingetreten sei. Davon waren insbesondere Personen mit Vorerkrankungen wie Akne und Rosazea im Gesicht betroffen.
Prävalenz von erstmalig beobachteten Hautirritationen
Die Prävalenz von erstmalig während der Pandemie beobachteten Hautirritationen lag in der untersuchten Stichprobe bei 60 %. Der überwiegende Anteil der Beschäftigten, die von einer neuen Hautirritation betroffen waren, gab an, mindestens eine Hautirritation im Gesicht entwickelt zu haben (867 von 927, 94 %). Es wurde überwiegend ein Zusammenhang mit dem Tragen von FFP-Masken genannt. Am häufigsten wurden leichte (43 %) bis mittelgradige (51 %) Beschwerden angegeben, lediglich 5 % berichteten zum Zeitpunkt der Befragung über starke Beschwerden. Nur wenige Betroffene nahmen eine ärztliche Konsultation in Anspruch (n = 133, 15 %), wobei eine Diagnose in knapp der Hälfte dieser Fälle gestellt wurde (64 von 133). Selten kam es dabei zu einer Arbeitsunfähigkeit.
Betroffene Gesichtsareale
Insbesondere waren die Hautareale Kinn, Wange, Mund, Nase und Ohren betroffen. Am häufigsten waren zwei der genannten Hautareale betroffen (n = 268, 32 %), bei 18 % (n = 152) beschränkte sich die Hautirritation auf ein Hautareal und nur wenige gaben in allen Hautarealen eine Hautirritation an (n = 47,6 %). In ➥ Abb. 1 werden die am häufigsten im Gesicht neu aufgetretenen Hautirritationen im Zeitverlauf getrennt nach Hautareal dargestellt. Die meisten traten im März 2020 auf, im Durchschnitt über eine Dauer von 10 (± 4,5) Monaten, wobei die Beschwerden zum Zeitpunkt der Befragung überwiegend als anhaltend angegeben wurden.
Tragezeiten von mindestens vier Stunden pro Schicht gaben 89 % der Befragten für FFP-Masken und 64 % für medizinischen MNS an. Bereichsübergreifend haben Pflegekräfte mit Maskentragezeiten von vier Stunden und länger statistisch signifikant häufiger eine Hautirritation während der Pandemie entwickelt als Pflegekräfte mit geringeren Tragezeiten (57 % gegenüber 27 %, OR 3,6; 95%-KI 1,9–6,9; p < 0,001). Stratifiziert nach Art der Maske zeigte sich, dass insbesondere die FFP-Masken im Vergleich zum MNS mit einem statistisch signifikant häufigeren Auftreten von Hautirritationen assoziiert waren (OR 1,6; 95% KI 1,1–2,1; p = 0,007 versus OR 0,9; 95%-KI 0,6–1,4; p = 0,775). Im multivariaten logistischen Regressionsmodell wurde eine FFP-Tragedauer von vier Stunden und länger bereichsübergreifend als Prädiktor für das Auftreten von neuen Hautirritationen während der Pandemie bestätigt (OR 1,5; 95%-KI 1,1–2,0; p-Wert 0,025 – adjustiert für Alter und Geschlecht).
Präventionsansätze
Zur Vermeidung von Hautirritationen im Zusammenhang mit dem Tragen von Schutzmasken wurde in der Fokusgruppe über verschiedene Maßnahmen diskutiert, die in ➥ Abb. 2 zusammengefasst sind.
Im Online-Survey wurden mögliche Maßnahmen zur Vermeidung von Gesichtsdermatosen im Zusammenhang mit dem Tragen von Masken von 74 % der Beschäftigten mit Hautirritationen im Gesicht genannt. Insgesamt wurden 856 gültige Angaben gemacht, zum Teil Mehrfachnennungen. Im Ranking am häufigsten wurden regelmäßige Maskenwechsel angegeben (555 aus 856, 64 %). Dazu zählten sowohl ein Wechsel bei Durchfeuchtung als auch ein Wechsel von FFP-Masken zum MNS, zum Beispiel bei Büroarbeiten oder anderen Tätigkeiten ohne Kontakt zu Erkrankten. Dem Wechsel der Maske nach Verträglichkeit wurde ebenfalls ein hoher Stellenwert beigemessen. Es wurde berichtet, dass die Bereitstellung von Wechselprodukten in ausreichender Anzahl und von verschiedenen Herstellern (Auswahl an Maskengrößen, -typen und -modellen) während der Pandemie ein Problem dargestellt habe. Die Einhaltung von Trage- und Pausenzeiten wurde an zweiter Stelle genannt (338 von 856, 39 %); diese hätten aufgrund der geringen Personaldecke und des großen Arbeitsaufkommens jedoch häufig nicht eingehalten werden können. Mehrtägige Tätigkeitspausen wurden mit positiven Auswirkungen auf die betroffene Gesichtshaut assoziiert. Ein Viertel der Nennungen bezog sich auf die Hautpflege, für die individuelle Pflege wäre mehr Zeit zu veranschlagen als vor der beruflichen Maskenpflicht. Angaben zu einem Verzicht von Make-up während der Arbeitszeit machten 3 % und zu einer ärztlichen Konsultation weniger als 2 % der Nennungen aus. Es wurde neben einer ausreichenden Bereitstellung von Maskentypen, -modellen und -größen die Bereitstellung von Gesichtspflege sowie von Material zur Druckentlastung (z. B. Hydrokolloid-Verbände) am Arbeitsplatz vorgeschlagen.
Diskussion der Ergebnisse
In der untersuchten Stichprobe entwickelten 60 % der befragten Pflegekräfte während der Pandemie eine Hautirritation. In fast allen Fällen war das Gesicht betroffen. Die Beschwerden wurden überwiegend als mittelgradig beschrieben, eine ärztliche Konsultation fand nur in wenigen Fällen statt. Wie in anderen Veröffentlichungen wies die berufliche Expositionsdauer mit FFP-Masken in der untersuchten Stichprobe einen statistisch signifikanten positiven Zusammenhang mit der Entwicklung einer Hautirritation auf (Galanis et al. 2021; Montero-Vilchez et al. 2021). Bereichsübergreifend waren Pflegekräfte mit FFP-Masken-Tragezeiten von vier Stunden und mehr signifikant häufiger von Hautirritationen betroffen als Pflegekräfte mit geringeren Tragezeiten.
Gemäß Keng et al. (2021) gehören zu den PSA-bedingten Gesichtsdermatosen vor allem maskenbedingte Akne und druckbedingte Hautverletzungen. Letztere können zunächst harmlos als vorübergehendes Erythem oder Druckstelle auftreten. Bei fehlenden Maßnahmen zum Schutz der betroffenen Stellen können sie sich zu Rissen, Erosionen, Blasen oder Geschwüren entwickeln. Zu den besonders druckempfindlichen Stellen zählen Nasenrücken und Wangen. Hautmazerationen und Abschürfungen können die Schutzbarriere beeinträchtigen und zu einer behandlungsbedürftigen Sekundärinfektion führen (Keng et al. 2021).
Die Schutzwirkung einer FFP-Maske hängt in hohem Maße davon ab, wie gut sie sich den jeweiligen Gesichtskonturen anpasst. Funktionsbedingt schließen diese Masken eng am Gesicht ab. Der Passform kommt deshalb ein wichtiger Präventionsaspekt zu. Gut sitzende FFP-Masken können die Gefahr von Druckverletzungen minimieren. In zahlreichen Studien wurde festgestellt, dass Druckverletzungen im Gesicht auf die Verwendung von (zu) eng sitzenden FFP-Masken oder Schutzbrillen zurückzuführen sind (Keng et al. 2021). Hydrokolloid-Verbände oder Streifen aus Polyurethanschaum können helfen, bei sachgerechter Nutzung druckempfindliche Hautstellen zu entlasten, allerdings besteht die Gefahr, dass die Wirksamkeit der FFP-Maske dabei beeinträchtigt wird (Cuomo et al. 2021; Keng et al. 2021; Smart et al. 2020). Der Bereitstellung von adäquaten Wechselprodukten in ausreichender Auswahl (Modell und Größe) und Anzahl kommt deshalb eine wichtige Bedeutung für die Vermeidung neuer Hautirritationen und zum Schutz vor Übertragungen von Krankheitserregern zu. Beschäftigte in der vorliegenden Untersuchung schlugen auch einen Wechsel von FFP-Masken zu MNS als Maßnahme zur Vermeidung von Hautirritationen bei Büroarbeiten oder anderen Tätigkeiten ohne Kontakt zu Erkrankten vor. Zum Zeitpunkt der Befragung bestand eine FFP-Masken-Tragepflicht sowohl für Beschäftigte in der Pflege in Krankenhäusern/Kliniken als auch in der Altenpflege.
Als zentrale Präventionsmaßnahmen nannten sowohl die Expertinnen und Experten als auch die befragten Pflegekräfte regelmäßige Maskenwechsel und -pausen. Diese helfen, Reibung und Druck auf die Gesichtshaut zu minimieren, und zusammenhängende freie Tage bieten der Haut die Möglichkeit, sich zu regenerieren. Als ebenso wichtige Maßnahme sahen sie die Hautpflege und eine frühzeitige ärztliche Konsultation an. Aufgrund der großen Arbeitsbelastung und der damit verbundenen langen Tragezeiten von FFP-Masken kommt der Hautpflege eine wichtige Bedeutung zu (Cuomo et al. 2021), idealerweise auf einer möglichst frühzeitigen fachärztlichen Beratung basierend. Beschäftigte im Gesundheitswesen sind während der COVID-19-Pandemie mit vielen berufsbedingten Stressoren konfrontiert, so dass Frühwarnzeichen der Haut, wie zum Beispiel ein leichtes Erythem, vor allem von Beschäftigten ohne vorherige Hautprobleme übersehen werden und die notwendige tägliche Hautpflege vernachlässigt wird (Keng et al. 2021). Die frühzeitige Konsultation einer Dermatologin oder eines Dermatologen erscheint entsprechend den Erfahrungen mit anderen Berufsdermatosen empfehlenswert (Hamm et al. 2019; Pohrt 2009). Informationen zum Umgang mit Hautirritationen und zum berufsgenossenschaftlichen Hautarztverfahren können beispielsweise Betriebsärztinnen und -ärzte gezielt an Beschäftigte weitergeben. Darüber hinaus können mediale Informationskanäle und Telemedizin nützlich sein, um Beschäftigte zu erreichen und ärztliche Beratung unter Minimierung des Zeitaufwands zugänglich zu machen. In ausgewählten Disziplinen und Patientengruppen haben Studien gezeigt, dass die Telemedizin die Qualität der Versorgung nicht beeinträchtigt, Wartezeiten verkürzen und die Patientenzufriedenheit verbessern kann. Der Einsatz von Telemedizin hat in der Dermatologie während der aktuellen Pandemie zugenommen (Keng et al. 2021). Das Bereitstellen von pH-neutralen Feuchtigkeitscremes, die für sensible Hautareale geeignet sind, in Bereichen, in denen PSA getragen werden muss, wird von Beschäftigten begrüßt und in Studien empfohlen (Keng et al. 2021).
Bei der Interpretation der Ergebnisse aus der vorliegenden Studie muss beachtet werden, dass es sich um Selbstangaben der Betroffenen handelt. Ferner ist ein Selektionsfehler nicht auszuschließen: Beschäftigte mit Hautirritationen können häufiger an der Befragung teilgenommen haben als Beschäftigte, die nicht betroffen waren.
Fazit und Ausblick
Während der COVID-19-Pandemie haben bereichsübergreifend 60 % der befragten Pflegekräfte eine Hautirritation entwickelt und einen Zusammenhang mit dem Tragen von FFP-Schutzmasken vermutet. Lange Tragezeiten, wie sie in der untersuchten Stichprobe angegeben wurden, sind mit der Entwicklung von Hautirritationen assoziiert. Präventionsschwerpunkte gibt es sowohl auf der Verhaltens- als auch auf der Verhältnisebene. Neben einer Verkürzung von Tragezeiten und regelmäßigen Tragepausen kann die Bereitstellung von Wechselprodukten unterschiedlicher Modelle und Größe gleicher Schutzklasse helfen, Hautirritationen zu vermeiden. Für die Verhaltensebene ist die Aufklärung über die Risiken für die Entstehung und den Umgang mit PSA-verursachten Hautirritationen ein wichtiger Aspekt. Zusätzlich zu einer schonenden und möglichst pH-neutralen Hautpflege ist beim Auftreten von Beschwerden die frühzeitige dermatologische Konsultation empfehlenswert.
Interessenkonflikt: Das Autorenteam gibt an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.
Literatur
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Weitere Infos
COVID-19-Projekte am CVcare – Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen
https://www.uke.de/kliniken-institute/institute/versorgungsforschung-in…
Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW): Reha-Kliniken – Arbeitsschutzstandard und Antworten auf häufige Fragen
https://www.bgw-online.de/bgw-online-de/corona-navigationsebene/coronav…
Kernaussagen
von Hautirritationen betroffen als Pflegekräfte mit kürzeren Tragezeiten.
Koautorinnen und Koautoren
An der Erstellung des Beitrags beteiligt waren Nika Zielinski, Olaf Kleinmüller und Albert Nienhaus, Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Competenzzentrum Epidemiologie und Versorgungsforschung bei Pflegeberufen (CVcare), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), sowie Christiane Altenburg und Madeleine Dulon, Abteilung Arbeitsmedizin, Gefahrstoffe, Gesundheitswissenschaften (AGG), Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW).
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