Bei neu einzurichtenden Arbeitsstätten oder auch bei der Sanierung oder dem Umbau bestehender Räumlichkeiten muss der Unternehmer bereits in der Planungsphase den „richtigen“ Fußboden festlegen – wobei „richtig“ hier im Sinne des Arbeitsschutzes zu verstehen ist. Durch die im November 2016 neu erschienene Arbeitsstättenverordnung werden in den §§ 3a, 4 Abs. 2 sowie im Abschnitt 1 „Allgemeine Anforderungen“ Vorgaben für die Planung, Errichtung und Nutzung von sicheren Fußböden gestellt.
Im Rahmen des Arbeitsschutzes – hier ist besonders § 3 Arbeitsschutzgesetz zu nennen – hat der Unternehmer den Arbeits- und Gesundheitsschutz im Unternehmen sicherzustellen. Im Rahmen einer Gefährdungsermittlung muss er die Gefährdungen und Belastungen im Arbeitsbereich ermitteln, beurteilen und durch geeignete Maßnahmen abstellen.
Die Arbeitsstättenverordnung konkretisiert das Arbeitsschutzgesetz. Hier lassen sich beispielsweise Vorgaben zur Beschaffenheit von Fußböden in Betriebsstätten nach Maßgabe der Arbeitsstättenverordnung ableiten.
Darin heißt es unter anderem, dass die Oberfläche der Fußböden so gestaltet sein muss, dass sie den Erfordernissen für einen sicheren Betrieb in der Betriebsstätte gewährleisten kann. Hierbei müssen unter anderem statische und dynamische physikalische Belastungen berücksichtig werden, wie sie durch Maschinen eingetragen werden oder durch die Bewegung von Flurförderzeugen entstehen. Verunreinigungen durch die unterschiedlichsten Fluide – z. B. in Fertigungsstätten oder Sanitärräumen – sind bei der Auswahl der Fußbodenbeläge von großer Wichtigkeit. Bei Bodenbelägen aus Kunststoff wird die Langzeitstabilität gegenüber natürlicher und künstlicher Strahlungsbelastung (Sonne, Beleuchtung) und Wärmeeinwirkung wenig berücksichtigt. Langfristig verändern diese Belastungen die Oberflächeneigenschaften.
In der Arbeitsstättenverordnung unter Punkt 1.5 „Fußböden, Wände, Decken, Dächer“ wird im Absatz 2 konkret auf die Beschaffenheit von Fußböden in Sanitär-, Pausen- und Bereitschaftsräumen, Kantinen, Erste-Hilfe-Räumen und Unterkünften hinsichtlich der Rutschhemmung eingegangen. Dort heißt es:
„(2) Die Fußböden der Räume dürfen keine Unebenheiten, Löcher, Stolperstellen oder gefährlichen Schrägen aufweisen. Sie müssen gegen Verrutschen gesichert, tragfähig, trittsicher und rutschhemmend sein.“
Daraus wird deutlich, dass der Unternehmer bei der Beurteilung der Nutzung der Betriebsstätte die Anforderungen an die Rutschhemmung besonders berücksichtigen und festlegen muss.
Da die Arbeitsstättenverordnung jedoch keine über die bereits genannten konkreten Anforderungen hinaus gehende Hilfe gibt, muss der Unternehmer für die Umsetzung weitergehende Maßnahmen aus anderen Quellen ableiten. Hierzu sind im Besonderen Technische Regeln zu nennen, wobei für die Umsetzung der Arbeitsstättenverordnung die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) maßgebend sind.
Die §§ 3a, 4 Abs.1 und 2 der Arbeitsstättenverordnung werden durch die ASR A1.5 konkretisiert – und zwar in Bezug auf die Beschaffenheit von Fußböden und als Planungshilfe bei der Umsetzung.
Auf Basis dieser Hilfestellung hat der Unternehmer eine hohe Rechtssicherheit zu gewährleisten. Er kann davon ausgehen, dass er den aktuellen Stand der Technik und die in der Arbeitsstättenverordnung geforderten Mindestanforderungen einhält und umsetzt.
Was beschreibt die Rutschhemmung? Aus der Technischen Regel für Arbeitsstätten ASR A 1.5 wird unter Punkt 3.1 der Begriff „Rutschhemmung“ mit dem für den Arbeitsschutz wichtigen Teil der „Rutschgefahr“ in Verbindung gebracht und wie folgt beschrieben:
„Eine Rutschgefahr liegt vor, wenn aufgrund einer zu geringen Rutschhemmung der Fußbodenoberfläche, einer unmittelbaren Änderung der Rutschhemmung der Fußbodenoberfläche oder des Verrutschens eines Bodenbelages, die Möglichkeit des Ausrutschens von Beschäftigten oder Wegrutschens von Fahrzeugen oder Einrichtungsgegenständen besteht.
Rutschhemmung ist eine Eigenschaft der Fußbodenoberfläche, die das Ausrutschen wirksam verhindert.“
Damit wird der Begriff „Rutschhemmung“ zum einen explizit definiert und zum anderen mit der Eigenschaft von Fußbodenoberflächen in Verbindung gebracht.
Für die Beschreibung der Eigenschaft von Fußböden und der Entwicklung eines Standards, wurden die so genannten R- und V-Gruppen entwickelt ( Tabellen 1 und 2). Die R-Gruppen definieren die Rutschhemmung eines Bodenbelags in Abhängigkeit eines definierten Winkels. Der Grad der Rutschhemmung von Bodenbelägen wird in die Kategorien R9 bis R13 unterteilt, dabei stellt R9 die niedrigste und R13 die höchste Anforderung an die Rutschhemmung. Die V-Gruppe definiert den Verdrängungsraum, den ein Bodenbelag erreichen kann. Als Verdrängungsraum ist der „offene Hohlraum zwischen oberer Geh- und Entwässerungsebene bei profilierten Oberflächen“ definiert. Sie sind in die Kategorien V4, V6, V8 und V10 eingeteilt, wobei V4 das Mindestvolumen des Verdrängungsraumes darstellt und V10 das höchste. Dieser Parameter ist wichtig bei der Auslegung von Fußbodenoberflächen, da beim Eintrag von gleitfördernden fettigen oder pastösen Stoffen der Boden verdrängende Eigenschaften einhalten muss.
Die in der ASR A1.5 Anhang 1 dargestellten Werte für Fußbodenoberflächen werden mit einem genormten Prüfverfahren gemäß der DIN 51130 ermittelt. Die Norm beschreibt das Prüfverfahren zur Bestimmung der Rutschhemmung bzw. des Verdrängungsraums von Fußböden. Bestimmungsgemäß stellt sie den aktuellen Stand der Technik für das Prüfverfahren dar. Sie muss vom Hersteller von Bodenbelägen angewendet werden und ist die Voraussetzung für die Zuordnung des Fußbodens in eine bestimmte Klasse.
Die in der Norm angegebenen Werte für die R- und V-Gruppen wurden mit den genormten Prüfverfahren ermittelt. Die Werte und Verfahren sind zwischenzeitlich allgemein anerkannt und haben sich bewährt. Folgerichtig wurden die Werte aus der DIN 51130 in den Anhang 1 der ASR A1.5 unverändert übernommen und veröffentlicht – somit entsprechen sie auch dem Stand der Technik.
Die vielfältigen Erfahrungen, Ergebnisse und Anforderungen an Fußböden aus unterschiedlichen Arbeitsbereichen und Branchen wurden im Laufe der Zeit zusammengetragen und bewertet. Hieraus abgeleitet findet man im Anhang 2 der ASR A1.5 eine Auflistung von Arbeitsbereichen aus verschiedenen Branchen in Verbindung mit den R- und V-Gruppen.
Fazit
Bei der Auslegung von Fußböden in Arbeitsbereichen muss der Unternehmer die Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung erfüllen. Unterstützung erhält er durch die ASR A1.5. Mit ihrer Hilfe kann er den unter Arbeitsschutzgesichtspunkten richtigen Fußbodenbelag festlegen. Damit ist er in der Lage, den aktuellen Stand der Technik für rutschhemmende Fußböden einzuhalten und die Mitarbeiter vor der Gefährdung durch Ausrutschen zu schützen.
Quellen
DIN 51130: Prüfung von Bodenbelägen – Bestimmung der rutschhemmenden Eigenschaft – Arbeitsräume und Arbeitsbereiche mit Rutschgefahr, Begehungsverfahren – Schiefe Ebene, 10.2010
DIN 51131: Prüfung von Bodenbelägen – Bestimmung der rutschhemmenden Eigenschaft – Verfahren zur Messung des Gleitreibungskoeffizienten, 08.2008
Weitere Infos
Arbeitsstättenverordnung (Stand 30. November 2016)
DGUV Regel 108-003: Fußböden in Arbeitsräumen und Arbeitsbereichen mit Rutschgefahr
publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/108-003.pdf
Technische Regeln für Arbeitsstätten (ASR A1.5): Fußböden
Autor
Prof. Dr.-Ing. Dirk S. Sohn
Lehrstuhl für Betriebssicherheitsmanagement
Technische Hochschule Georg Agricola
Herner Straße 45
44787 Bochum