Hintergrund
UV-Exposition der Haut mit natürlicher Ultraviolettstrahlung (UV-Strahlung) ist zweifelsfrei der wichtigste Risikofaktor für die Entstehung von aktinischen Keratosen, Plattenepithelkarzinomen und Basalzellkarzinomen (Saladi u. Persaud 2005). Ständige Beschäftigung im Freien erhöht gegenüber der Allgemeinbevölkerung das Risiko, ein Plattenepithelkarzinom (PEK) auszubilden auf das 1,8fache (Schmitt et al. 2011) und für das Basalzellkarzinom (BZK) auf das 1,4fache (Bauer et al. 2011). Wie die UV-Strahlung aus künstlichen Strahlungsquellen ist auch die natürliche UV-Strahlung im Sonnenspektrum als Karzinogen der Klasse I eingestuft (höchste Klasseneinteilung, vergleichbar wie für Asbest und Tabak) (IARC 2012).
Ergebnisse aus UV-Personenmonitoring-Untersuchungen bei Außenbeschäftigten gegenüber Innenbeschäftigten wiesen im Sommerhalbjahr für die arbeitstäglichen UV-Expositionen 5- bis 10fach höhere Werte aus (Knuschke et al. 2007). Die personendosimetrischen Messdaten dieser Studie und derzeit durchgeführte personendosimetrische Messungen an Arbeitstagen im Sommerhalbjahr (Wittlich 2017) stimmen für vergleichbare Außenbeschäftigtengruppen gut überein. Die UV-Jahresexpositionen aus Arbeit, Freizeit und Urlaub von Außenbeschäftigten lagen mehr als 2- bis 3fach über denen von Innenbeschäftigten (Knuschke et al. 2004, 2007). Mit einem Schutzfaktor 2 bezüglich des UV-Erythems wird jedoch kein nennenswerter natürlicher Eigenschutz der Haut gegen die solare UV-Strahlung bei Außenbeschäftigten im Sommerhalbjahr aufgebaut (Knuschke et al. 2010). Als Fazit aus diesen Fakten wurden für die Prävention der gesundheitlichen Risiken von Haut und Augen von im Freien Beschäftigten Schutzkonzepte zur Prävention, deren Effizienz und Akzeptanz am Arbeitsplatz untersucht (u. a. Weber et al. 2007; Bauer et al. 2014, 2015; s. auch „Weitere Infos“: Knuschke et al. 2015; Ott et al. 2016).
Rahmenbedingungen zur UV-Prävention an Arbeitsplätzen im Freien
BK 5103 – Regularien zur Prävention
Für Arbeitsplätze mit dem Risiko der Exposition durch künstliche UV-Strahlenquellen liegen Regelungen inklusive spektraler Grenzwerte für den 8-Stunden-Arbeitstag vor (OStrV 2011). Auch wenn dabei die solare UV-Exposition bei der Arbeit ausgeschlossen und für diese noch keine spezielle gesetzliche Regelung zum Schutz getroffen wurde, sollte ein pflichtbewusster Arbeitgeber seiner Verantwortung für die Sicherheit und Gesundheit seiner Beschäftigten gemäß Arbeitsschutzgesetz schon jetzt nachkommen.
Das Risiko bezüglich einer BK 5103 (BKV 2014) betrifft insbesondere Beschäftigte in den typischen Außenberufen, wie Land- und Forstwirtschaft, Landschafts- und Gartenbau, Fischerei und Seefahrt, Baugewerbe/Handwerk (u. a. Dachdecker, Zimmerleute, Bauarbeiter, Maurer, Stahlbauschlosser, Straßenarbeiter), Sportlehrer, Bademeister, Bergführer usw.).
Folgende Verpflichtungen sind vom Arbeitgeber zu beachten (s. „Weitere Infos“: Ott et al. 2016):
- Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung einschließlich Expositionsermittlung und -bewertung (s. Beitrag Knuschke et al.in diesem Heft, S. 166ff.),
- Festlegung, Anwendung und Prüfung der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen,
- Unterweisung der Beschäftigten,
- Hinweise zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (s. Beitrag Völter-Mahlknecht et al. in diesem Heft).
Die zu treffenden Schutzmaßnahmen sind in der Regel auf wenige Aktionen begrenzt, die sich einfach umsetzen lassen und sich überdies von Tag zu Tag kaum unterscheiden.
Risikobewertung der solaren UV-Strahlung – der UV-Index als Informationsgröße
Die photobiologische Wirksamkeit der Sonnenstrahlung bezüglich akut schädigender Effekte (z. B. UV-Erythem/Sonnenbrand) und chronisch schädigender Effekte (z. B. Erhöhung des Hautkrebsrisikos) ändert sich im Tagesverlauf und im Jahresverlauf um ein Vielfaches (gleiche Zeitdauern morgens vs. mittags oder im Winter vs. im Sommer sind daher in keiner Weise vergleichbar). Dem überlagern sich zusätzlich meteorologische Einflüsse.
Für eine Abschätzung des gesundheitlichen Risikos durch solare UV-Strahlung ist der UV-Index (UVI) sehr hilfreich. Der UVI stellt eine international vereinheitlichte Informationsgröße dar, die von der erythemwirksamen Bestrahlungsstärke der Sonnenstrahlung ermittelt – gemessen auf einer ebenen Fläche –, auf einer Skala mit Werten von 0 bis 11+ angegeben wird. Der UVI berücksichtigt Effekte wie insbesondere Sonnenhöhenwinkel, Jahreszeit, geografische Breite, geografische Höhenlage und meteorologische Einflüsse auf die Erythemwirksamkeit der Sonnenstrahlung.
In einem Leitfaden zum Schutz von Arbeitnehmern vor UV-Strahlung der Internationalen Kommission für den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP), der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) (ICNIRP 2007) werden für Tätigkeiten im Freien ab einem UVI-Wert von 3 die Anwendung von Schutzmaßnahmen und ab einem UVI 5 weitergehende Schutzmaßnahmen empfohlen. Hintergrund ist, dass für eine sich bewegende oder stehende Person für ungeschützte Hautareale bei einem UVI 3 für den empfindlicheren Hauttyp 2 nach ca. 60 Minuten für Sonnenterassen (Schulter, Kopfscheitel, aber auch Nasenrücken oder Ohrhelices) und nach ca. 150 Minuten für das Gesicht, Hände und Arme die Sonnenbrandschwelle erreicht werden kann. Bei einem UVI von 5 reduzieren sich diese Zeiten auf 30 bzw. 75 Minuten (Anmerkung: UV-Hauttyp 2 55 % in der Bevölkerung Deutschlands [Unverricht 2007]).
Eine Orientierung, wann im Jahresverlauf welche UVI-Werte zu erwartenden sind, ist in einer tabellarischen Übersicht angeben (s. Beitrag Knuschke et al. in diesem Heft).
Eine griffbereite Kurzinformation erforderlicher UV-Schutzmaßnahmen zu den UVI-Stufen gibt z. B. die Memocard „UV-Index (UVI) und anzuwendende Schutzmaßnahmen“ von der BAuA (s. „Weitere Infos“).
UV-strahlenbiologische Situation in Deutschland und Häufigkeit für notwendige präventive Maßnahmen im Jahr
Die Anforderungen an die Effektivität von UV-Schutzmaßnahmen bei analogen Umfeldbedingungen von Außenarbeitsplätzen können in Deutschland (und Mitteleuropa bei Höhenlagen bis 1000 m über NN) als vergleichbar angesehen werden.
Die meteorologischen Bedingungen innerhalb Deutschlands von der Küste bis an den Alpenrand unterscheiden sich nicht grundlegend. Die Auswertung der Halbstunden-Erythemdosisdaten (hED im Tages-, Monats- und Jahresverlauf von 2000 bis 2008), erfasst durch das solare UV-Monitoringnetz Deutschlands (sUVMoNet) wiesen lediglich Unterschiede bis 10 % aus (Knuschke et al. 2015). Für Höhenlagen ist ein Anstieg der erythemwirksamen Bestrahlungsstärke und damit auch des UVI um rund + 10 % je 1000 m Höhenzuwachs für den betrachteten Ort zu verzeichnen.
Die mittlere Anzahl Tage im Jahr in Deutschland, an denen UV-Schutzmaßnahmen für Arbeitsplätze im Freien vorgesehen werden sollten, sind demnach:
- UVI 3: an 135 bis 165 Tagen,
- UVI 5 und
- UVI 8: an 1 bis 10 Tagen (UVI 9 nicht jährlich).
Arbeitsplatzbezogene Analysen des UV-Strahlenklimas aus diesem Datenpool weisen aus (Knuschke et al. 2015):
- Anzahl der Tage im Jahr an denen pro Arbeitsschicht ohne Schutzmaßnahmen die UV-Erythemschwelle überschritten würde ( Tabelle 1),
- „Schattenregel“ greift – statt bei einem UVI 3 – erst bei einem UVI 5 und damit erst, wenn erhöhte UV-Schutzmaßnahmen notwendig sind,
- für eine ergänzende „Fußregel“ gilt:
- Schatten 10 Fußlängen – UVI 3 (UV-Schutzmaßnahmen erforderlich),
- Schatten 5 Fußlängen – UVI 6 (erhöhte UV-Schutzmaßnahmen erforderlich),
- Worst-case-Expositionen bei 8-h-Schicht (7:00 bis 15:30 Uhr) bzw. 12-h-Schicht (6:00 bis 18:00 Uhr) in Deutschland wären 40 SED bzw. 50 SED (auf ebene Fläche bezogen).
Durch diese Daten werden augenscheinlich das Ausmaß und die Häufigkeit von solaren UV-Expositionslevels hervorgehoben, die präventive Maßnahmen für Haut und Augen erfordern.
Mindesterforderlicher UV-Schutz für die Haut
Erforderliche Schutzfaktoren, die für die Haut ständig über die Arbeitsschicht mindestens zu realisieren sind, sind in Tabelle 2 zusammengestellt.
Dieses Schutzkonzept für solar UV-exponierte Arbeitsplätze wurde in Adaptation des UV-Schutzkonzepts für künstliche UV-Strahlenquellen am Arbeitsplatz der Internationalen Kommission für den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP) entwickelt. Es berücksichtigt die solare Worst-case-Exposition in Deutschland/Mitteleuropa für eine Arbeitsschicht (s. o.), die Verteilung der solaren UV-Exposition über den Körper am Arbeitsplatz und die Körperverteilung der photobiologischen Empfindlichkeit der Haut (Knuschke et al. 2015).
Diese mindesterforderlichen UV-Schutzfaktoren ständig über die Arbeitsschicht zu gewährleisten, ist insbesondere relevant, wenn technische und organisatorische Präventionsmaßnahmen praktisch nicht oder nicht in vollem Umfang umsetzbar sind. Diese Faktoren dürfen zu keinem Zeitpunkt der Arbeitsschicht unterschritten werden.
Das ist insbesondere für den Hautschutz mit Sonnenschutzsubtanzen kritisch. Durch zu geringe Auftragdicke (deutlich unter 2 mg/cm²), Schwitzen, Waschen oder mechanischen Abtrag wird ein ausreichender UV-Schutz der Haut nicht durchgängig über die Arbeitsschicht garantiert. Sonnenterrassen, wie Capillitium, Ohrhelix oder Nasenrücken, die mit Sonnenschutzmitteln abgedeckt werden, erfordern einen höheren Schutz als die Gesichtsfläche.
Aus diesem Grund wird statt des theoretischen LSF-Werts > 20 die Verwendung von Sonnenschutzmitteln mit Schutzfaktor LSF 50+ an Außenarbeitsplätzen empfohlen (s. u.).
Präventionsmaßnahmen zur Reduktion solarer UV-Expositionen am Arbeitsplatz
Das S-T-O-P-Prinzip zur primären Prävention
Effektive primäre Prävention von berufsbedingten, durch solare UV-Exposition induzierte chronische Lichtschäden, Plattenepithelkarzinomen, deren Vorstufen und Basalzellkarzinomen, aber auch von Augenschädigungen beinhalten ein „Sonne meiden“, Technische Maßnahmen zur Expositionsreduktion, gefolgt von Organisatorischen. Oft sind derartige Maßnahmen aber praktisch nicht umsetzbar. Dann sind Personenbezogene, präventive Schutzmaßnahmen ausreichender Effektivität zur Reduktion der UV-Exposition von Haut und Augen erforderlich.
Technische Präventionsmaßnahmen an solar UV-exponierten Arbeitsplätzen
Die Möglichkeit, an solar exponierten Arbeitsplätzen die UV-Expositionen zu reduzieren, ist in gewissem Umfang durch technische Maßnahmen realisierbar.
Das sind vorrangig Abschattungsmaßnahmen ( Tabelle 3):
- Bereitstellung von Räumen oder Unterstellmöglichkeiten, beispielsweise für Pausenzeiten,
- UV-absorbierende Fahrzeuggläser bei LKW, PKW, Bahnen, Bussen, Gabelstaplern, Traktoren, Baggern, Kranen, Flugzeugen,
- Kabinen bei Fahrzeugen oder Maschinen,
- Sonnensegel (z. B. über Spielplätzen in Kindereinrichtungen und Schulen),
- Überdachungen für ständige Arbeitsplätze im Freien (z. B. Einlass, Kassenarbeitsplätze auf Parkplätzen),
- zeltartige Überdachungen an stationären Arbeitsplätzen,
- Staubschutznetze an Gerüsten.
Organisatorische Präventionsmaßnahmen an solar UV-exponierten Arbeitsplätzen
Einen zentralen Punkt in den organisatorischen Maßnahmen stellen die Unterweisungen der Arbeitnehmer über mögliche Gefahren durch die Sonnenstrahlung und angepasstes Verhalten dar. Folgende Themen sollten sie enthalten:
- Ergebnisse der Expositionsermittlung zusammen mit einer Erläuterung über die Art der Gefährdung und Möglichkeit der Schädigungen von Haut und Augen durch solare UV-Strahlung,
- festgelegte Maßnahmen zur Beseitigung oder zur Minimierung der Gefährdung unter Berücksichtigung der Arbeitsplatzbedingungen,
- Information für die bestimmungsgemäße Verwendung der persönlichen Schutzausrüstungen und ggf. anderer individueller Maßnahmen, erforderlichenfalls ergänzt durch eine Schulung in der Benutzung,
- Ausgabe von Informationsmaterialien (z. B. BG-Materialien) zur Sonnenstrahlenprävention an die Beschäftigten bzw. Verweis auf Bezugsquellen,
- die Voraussetzungen, unter denen die Beschäftigten Anspruch auf arbeitsmedizinische Vorsorge haben, und deren Zweck,
- Hinweise zur Erkennung und Meldung möglicher Gesundheitsschäden,
- Hinweise zu fotosensibilisierenden Wirkungen von Medikamenten, Kosmetika und Gefahrstoffen.
Folgende Leitsätze zu organisatorischen Maßnahmen sollten, wann immer die Möglichkeit praktisch besteht, berücksichtigt werden:
- Tätigkeiten im Freien, wenn realisierbar, mit UV-Index-Prognosen abstimmen.
- Expositionsdauer gegenüber Sonnenstrahlung nach den Möglichkeiten der Arbeitsorganisation beschränken, z.B. durch einen früheren/späten Arbeitsbeginn.
- In den Mittagsstunden den Aufenthalt in der Sonne minimieren – nach Möglichkeit Arbeiten in abgeschattete Bereiche verlegen; Sonnenstrahlung ist im Zeitraum von 11:00 bis 15:00 Uhr (MESZ) am intensivsten (in dieser Zeit erfolgt 50 % der erythemwirksamen Sonneneinstrahlung pro Tag).
- Mittagspause in den Zeitraum höchster Sonnenintensivität legen und möglichst in Gebäuden, zumindest in abgeschatteten Arealen verbringen.
- Weniger dringliche Arbeiten in eine sonnenärmere und kühlere Witterungsperiode verschieben.
- An den wenigen, sehr intensiven Sonnentagen mit hoher Hitze auf Überstunden verzichten.
Erfolgreich getestete technisch/organisatorische Maßnahme: Eine UV-Index-Großanzeige, für alle Außenbeschäftigten an einem Arbeitsort einsehbar, unterstützt deutlich das persönliche Verhalten zur UV-Expositionsreduktion ( Abb. 1b).
Personenbezogene UV-Schutzmaßnahmen
Da in vielen Fällen organisatorische und technische Schutzmaßnahmen nicht in erforderlichem Umfang die solare UV-Exposition reduzieren oder diese Schutzmaßnahmen nicht angewendet werden können, sind personenbezogene UV-Schutzkomponenten (wie z. B. Abb. 1a) bei UVI 3 und höher unumgänglich.
Die 4-H-Regel „Hemd – Hose – Hut – hoher Lichtschutz“, ergänzt mit einer Sonnenschutzbrille für die Augen, sollte als Richtschnur gelten:
- textiler UV-Schutz der Haut – insbesondere für den Oberkörper,
- Kopfbedeckungen (Schutzhelm bzw. Mütze/Hut ),
- Sonnenschutzcreme für nichtbedeckte Hautareale mit möglichst LSF 50+ (s.o.),
- Sonnenschutzbrille – bruchsicher, für den Arbeitsplatz zugelassen.
Textiler Lichtschutz: Die Schutzwirkung der Kleidung ist abhängig von dem verwendeten Material, der Gewebedichte, der Farbe und von UV-absorbierenden beziehungsweise reflektierenden Zusätzen. Dehnung oder Nässe kann die Schutzwirkung beeinflussen.
Angabe zur Deklarierung einer geprüften UV-Schutzwirkung von Textilien:
- UPF („UV protection factor“): Gibt das Verhältnis von einfallender erythemwirksamer zu durchgelassener UV-Strahlung an (im Prinzip analog zu LSF bei Sonnenschutzmitteln),
- DIN EN 13758-1: prüft Neumaterial im ungespannten Zustand,
- UV-Standard 801 (interner Standard): prüft zusätzlich nach dehnen, scheuern, waschen und gibt davon den niedrigsten Messwert als UPF an.
Viele Textilmaterialien weisen keine UPF-Angabe aus. Lässt dieses Gewebe, gegen das Licht gehalten, homogen weitgehend kein Licht durch, bedeutet das, dass die UV-Strahlung in gleicher Weise deutlich reduziert wird (man kann bei dem beschriebenen sehr schwachen bis keinem Durchscheinen dann von einem UPF 50 ausgehen).
Erforderliche Mindestschutzfaktoren von textilen Bekleidungskomponenten für Außenbeschäftigte in Mitteleuropa sind in Tabelle 2 angegeben.
Neben dem UPF des Textils ist dessen Tragekomfort wesentlich. Nur wenn der in ausreichendem Maße gegeben ist, wird die Compliance gegeben sein, ganztägig, auch bei höheren Außentemperaturen mit diesen Textilien bekleidet im Freien zu arbeiten ( Tabelle 4).
Kopfbedeckungen zur UV-Expositionsreduktion: Kopfbedeckungen fungieren zur Reduzierung der thermischen Einwirkung der direkten Sonneneinstrahlung auf den Kopf und als Blendschutz.
Sie sollen aber aus heutiger Sicht auch durch die Schilder, Krempen und ggf. Nackentücher der Reduktion der UV-Exposition der Augen und der Haut des Kopf-/Hals-/Nackenbereichs dienen.
Zu den Schutzfaktoren unter den Kopfbedeckungen im Stirn- und Ohrspitzenbereich ( Abb. 2 und Abb. 3) ist anzumerken, dass für die tiefer im Kopf-/Halsbereich liegenden Hautarale das Gleiche gilt wie für abschattende Sonnensegel: Auch wenn die solare Direktstrahlung reduziert wird, treffen seitlich Teile der Himmelsstrahlung auf.
Fazit: Auf einen dermalen Sonnenschutz für die Haut im Kopf-/Hals-/Nackenbereich kann trotz Kopfbedeckung nicht verzichtet werden!
Dermaler UV-Schutz durch Sonnenschutzpräparate: Trotz technischer und organisatorischer UV-Prävention, adäquaten Verhaltensmaßnahmen, textilem Lichtschutz, Kopfbedeckungen und Sonnenbrillen haben Sonnenschutzmittel einen wichtigen Stellenwert in einer optimalen Sonnenschutzstrategie für Arbeiter in Außenberufen.
Hautbereiche, die nicht durch die Kleidung bedeckt sind, sollten mit einem Sonnenschutzmittel abgedeckt werden (dermaler Lichtschutz), da sie doch zumindest der gestreuten solaren UV-Strahlung ausgesetzt sind. Hier müssen Sonnenschutzmittel mit hohem Lichtschutz im UVB- und UVA-Bereich mit photostabilen Breitbandfiltersystemen zum Einsatz kommen. Die Textur der Substanzen sollte den Anforderungen des Außenberufs angepasst sein und eine optimale Verteilung des Sonnenschutzmittels auf der Haut gewährleisten. Das ist ein wesentlicher Faktor zur Förderung der Compliance für die Anwendung von Sonnenschutzmitteln in Außenberufen (Weber et al. 2007; Bauer et al. 2014).
Als Sonnenschutzsubstanz von Außenbeschäftigten bevorzugt wird:
- kein klebriger, öliger Film auf der Haut,
- keine Reizung der Augen,
- resistent gegen mechanische Irritation und Schweiß,
- Darreichung in Sprayform bzw. in flüssigerer Form wie Milch oder aber auch Gel (Applizierbarkeit sehr gut/gut eingeschätzt: 95 % bzw. 77 % [Bauer et al. 2014]).
Der ausgelobte Lichtschutzfaktor LSF (engl.: „sun protection factor“, SPF) einer Sonnenschutzsubstanz wird prüfnormgerecht bei einer Applikationsmenge von 2 mg/cm² bestimmt.
Um das aus Untersuchungen wohlbekannte Problem zu niedriger Sonnenschutzcremeapplikationen im Alltag von deutlich unter 2 mg/cm² begrenzt zu kompensieren, sollte generell für den dermalen Hautschutz im Freien Beschäftigter ein sehr hoher LSF mit Breitbandschutz und Photostabilität im UVA- und UVB-Bereich zur Anwendung kommen (LSF 50+, UVA-PF > 1/3 LSF). Dosiersysteme mit Mengenangaben pro Körperareal sind hilfreich.
Für die typischerweise zu schützende Haut von Gesicht, Hals, Händen und Unterarmen (die weiteren Hautpartien sollten unbedingt textil-UV-geschützt sein!) ist jeweils mindestens aufzutragen:
- 7–10 g,
- das sind: 2 flache Teelöffel voll.
Fortwährender mechanischer Abtrag oder Abwaschen des Sonnenschutzmittels von einzelnen Hautregionen im Arbeitsprozess sowie ein Abfließen mit Schweiß erfordert ein regelmäßiges Nachcremen (etwa 2-Stunden-Takt) auf die erforderlichen 2 mg/cm², um den erforderlichen UV-Schutz aufrechtzuerhalten.
Risiken von Interaktionen der Haut mit Substanzen und der solaren UV-Strahlung: Einige Medikamente können die Lichtempfindlichkeit der Haut erhöhen. Ob ein photosensibilisierendes Potenzial besteht, sollte in der Packungsbeilage nachgelesen oder gegebenenfalls der behandelnde Arzt oder Apotheker dazu befragt werden.
Beim Aufenthalt in der Sonne sollte auf Parfüms, Deodorants und andere Kosmetika verzichtet werden. Durch UV-Strahlung könnten in Verbindung mit diesen Stoffen photoallergische Reaktionen hervorgerufen werden oder eine bleibende fleckige Pigmentierung entstehen (SSK 1998).
Blendschutz und präventiver UV-Schutz der Augen: Die Gefährdungen für die Augen werden häufig unterschätzt. Bei intensiver Sonnenstrahlung sollte eine geeignete Sonnenschutzbrille getragen werden. Der direkte Blick in die Sonne ist zu vermeiden – auch mit Sonnenbrille. Der Schutz der Augen ist insbesondere in größeren Höhenlagen und bei Reflexion der UV-Strahlung, wie durch Beton, Sand oder Schnee, erforderlich. Die Anforderungen an Sonnenschutzbrillen und -schutzfilter sind in der DIN EN 1836 für die Allgemeinbevölkerung und der DIN EN 172 für den gewerblichen Bereich festgelegt. Für die meisten Anwendungen in unseren Breitengraden sind mittelstark bis dunkel getönte Filter der Kategorie zwei und drei zu empfehlen ( Tabelle 5).
Fazit
Hinsichtlich der Wirksamkeit der solaren UV-Strahlung gelten nahezu deutschlandweit vergleichbare Bedingungen. Damit sind auch die möglichen Schutzmaßnahmen organisatorischer, technischer und individueller Art deutschlandweit vergleichbar. Für Schutzkomponenten zur Reduzierung solarer UV-Expositionen bei Arbeitnehmern im Freien sollten nachstehende Punkte beachtet werden:
- Ab UVI 3 Schutzmaßnahmen vorsehen – ab UVI 5 erhöhte Schutzmaßnahmen anwenden. UVI-Prognosen in die Arbeitsplanung einbeziehen.
- Soweit es möglich und praktikabel ist, sollten abschattende Maßnahmen am Arbeitsplatz realisiert werden. Die Wirksamkeit ist zu überprüfen.
- Der präventive Schutz vor solaren UV-Expositionen durch technische und organisatorische Maßnahmen am Arbeitsplatz muss durch individuelle Schutzkomponenten komplettiert werden.
- In Deutschland und Mitteleuropa ist der textile UV-Schutz typischer Oberbekleidung ausreichend. Spezielle berufliche UV-Schutzkleidung ist aber bei Arbeitsaufenthalten in äquatornäheren Regionen angezeigt.
- Hüte und Mützen als Kopfbedeckungen zeigen deutliche Effektivitätsunterschiede, insbesondere zum Schutz der Haut im Kinn-, Wangen-, Ohr- und Nackenbereich.
- Standard-Schutzhelme bieten nur im Stirnbereich einen gewissen Schutz für Haut und Augen. Helme mit umlaufendem Schutzrand würden bei ausreichender Breite aber eine verbesserte Abschattung bieten.
- In Außenberufen Sonnenschutzmittel mit LSF 50+ inklusive hohem UVA-Schutz und photostabilen Filtersystemen anwenden,
- mit an die Anforderungen des Außenberufs angepasster Galenik für optimale Verteilung des Sonnenschutzmittels auf der Haut,
- mit Wasser- und Schweißfestigkeit und ohne Beeinträchtigung von Arbeitsabläufen durch die Substanz.
- Auf alle unbedeckten sonnenexponierten Hautareale – insbesondere der Kopf-/Hals-/Nackenbereich auch bei genutzter Kopfbedeckung! – Sonnenschutzmittel aufgetragen, denn die regelmäßige Anwendung von Sonnenschutzprodukten reduziert die Neubildung von aktinischen Keratosen und Plattenepithelkarzinomen und führt zu einer Reduktion vorhandener aktinischen Keratosen.
Die regelmäßige Anwendung von Sonnenschutzprodukten ist ein wesentlicher Bestandteil in der Prävention, aber auch in der Therapie von epithelialen Tumoren und ihren Vorstufen.
- Unterweisungen, regelmäßige theoretische und praktische Schulungen der Arbeitnehmer.
- Intensive Anstrengungen, um eine Kultur der Prävention in Außenberufen einzuführen und die zukünftige Entwicklung von Hautkrebs bei Außenarbeitern zu vermeiden.
Ausreichender solarer UV-Schutz bei Außenarbeitern muss nicht teuer sein – aber er muss konsequent angewendet werden.
Interessenkonflikt: Alle Autoren geben an, dass keine Interessenkonflikte bestehen.
Literatur
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BKV 2014: Berufskrankheiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I S. 2623), zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 22. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2397) geändert.
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Wittlich M: Auf dem Weg zu einem Kataster für UV-Bestrahlungen im Freien. DGUV Forum 2017; 4: 23–27.
Info
Anmerkung zu begrenzten Wirksamkeiten von Abschattungen (Tabelle 3):
Durch arbeitsbedingte Bewegungsabläufe z. B. durch Materialzufuhr bei Arbeiten unter einem Sonnensegel/Pavillon oder erforderliches Verlassen von Fahrzeugkabinen verringert sich die Expositionsreduktion.
Weiterhin ist zu beachten, dass eine Abschattung, wie ein Sonnensegel, trotz beispielsweise hohem UPF des Materials zwar gut die direkte Sonnenstrahlung reduziert, ein permanenter seitlicher UV-Expositionsanteil durch die gestreute Sonnenstrahlung, die Himmelsstrahlung, dennoch permanent auf den Beschäftigten einwirkt.
Deshalb sind auch unter diesen Arbeitsbedingungen ergänzende personenbezogene UV-Schutzmaßnahmen zu berücksichtigen.
Weitere Infos
BAuA-Memocard UV-Index (über BAuA-Sommertipps)
https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Praxis/Sonderformate/UV-Index.html
Knuschke P, Ott G, Bauer A, Janßen M, Mersiowsky K, Püschel A, Rönsch H: Schutzkomponenten bei solarer UV-Exposition. Baua 2015, Forschung F 2036
https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Berichte/F2036.pdf?__blob=publicationFile&v=8
Ott G, Janßen W, Knuschke P: Schutz vor solarer UV-Strahlung – Eine Auswahl von Präventionsmaßnahmen. baua: Fokus, Juli 2016
https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Fokus/UV-Strahlung.pdf?__blob=publicationFile&v=1
Koautoren
Mitautoren des vorliegenden Beitrags sind: Günter Ott, Marco Janssen und Winfried Janssen (alle Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Dortmund) sowie Andrea Bauer (Klinik und Poliklinik für Dermatologie, UniversitätsAllergieCentrum, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden)
Für die Autoren
Dipl.-Phys. Peter Knuschke
Klinik und Poliklinik für Dermatologie
Medizinische Fakultät der TU Dresden
Fetscherstraße 74
01307 Dresden