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Die Arbeitsmedizin und der ÖGD

Stefanie Heinze, Hedwig Spegel, Josefine Nebl, Caroline Herr

doi:10.17147/asu-1-417824

Occupational medicine and the public health service (ÖGD) – cross-sectoral cooperation using the example of the LGL

The public health service (ÖGD) has interfaces with many different sectors. Occupational medicine, in particular, can make an important contribution to a future-oriented and holistic health care system. Using the example of the Bavarian State Office for Health and Food Safety (LGL), the possible sector-linking cooperation between occupational medicine and public health is demonstrated.

Kernaussagen

  • Die Synergien zwischen ÖGD und der Arbeitsmedizin müssen bestmöglich genutzt werden.
  • Dies kann unter anderem durch Brückenprofessuren, Kooperation in der Aus- und Weiterbildung sowie in Landesarbeitsgemeinschaften realisiert werden.
  • Das Bayerische Landesamt für Gesundheit ist ein gutes Beispiel für gelungene sektorenverbindende Zusammenarbeit zwischen Arbeitsmedizin und ÖGD.
  • Die Arbeitsmedizin und der öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) – sektorenverbindende Zusammenarbeit am Beispiel des LGL in Bayern

    Der öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) hat Schnittstellen mit vielen verschiedenen Bereichen. Insbesondere die Arbeitsmedizin kann einen wichtigen Beitrag zu einem zukunftsweisenden und ganzheitlich ausgerichteten Gesundheitswesen leisten. Am Beispiel des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit wird die mögliche sektorenverbindende Zusammenarbeit zwischen Arbeitsmedizin und ÖGD aufgezeigt.

    Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL)

    Das LGL ist die zentrale Fachbehörde des Freistaats Bayern für Lebensmittelsicherheit, Gesundheit, Veterinärwesen und Arbeitsschutz/Produktsicherheit. Moderne Gesundheits- und Verbraucherpolitik braucht hierbei eine wissenschaftliche Grundlage. Das LGL erfasst und bewertet daher gesundheitliche Risiken für die Bevölkerung, informiert Verbraucherinnen und Verbraucher und schützt diese vor Irreführung und Täuschung. In Zusammenarbeit mit Herstellern, Hochschulen und Behörden wird am LGL anwendungsorientiert geforscht. Außerdem unterstützt das LGL die amtliche Lebensmittelüberwachung, den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD), das amtliche Veterinärwesen sowie die Arbeitsschutzverwaltung in Bayern (s. Online-Quellen).

    Aufgrund dieser vielfältigen Aufgaben gibt es zahlreiche Anknüpfungspunkte für eine Zusammenarbeit zwischen der Arbeitsmedizin und dem ÖGD. Diese werden anhand einiger Beispiele im Folgenden aufgezeigt.

    Brückenprofessuren

    Am LGL gibt es seit vielen Jahren sogenannte Brückenprofessuren. Als Brückenprofessuren werden gemeinsame Professuren einer Universität mit einer anderen Einrichtung (wie zum Beispiel einer Fachbehörde oder einem freien Institut) bezeichnet. Sie sind Teil der interprofessionellen Kooperation zwischen ÖGD und universitärer Forschungseinrichtung, dessen Förderung der Beirat des Pakts für den ÖGD ausdrücklich empfiehlt.

    Im Bereich der Arbeitsmedizin gibt es seit 2023 die gemeinsame Brückenprofessur „Arbeitsbezogener Gesundheitsschutz und Gesundheitsförderung“ von LGL und der Ludwig-Maximilians-Universität München (Frau Prof. Dr. med. Heinze). Im Rahmen der Kooperation werden Habilitationen, Promotionen oder Masterarbeiten betreut sowie die arbeitsmedizinische Lehre gemeinsam gestaltet. Ebenso stehen Projekte im Fokus der Kooperation.

    In diesem Zusammenhang ist beispielsweise ein Projekt zur Prävention von Beanspruchungsfolgen aufgrund psychischer Belastung bei Pflegekräften und medizinischen Fachangestellten während einer Pandemie zu nennen. Im Rahmen dieses Projekts wurden mittels einer Metaanalyse und qualitativen Interviews Maßnahmen zur Prävention konzipiert und im Rahmen eines Handlungsleitfadens sowie eines Online-Bildungsmoduls der Zielgruppe zugänglich gemacht (s. Online-Quellen).

    Ein weiterer Schwerpunkt der Brücken­professur am LGL sind verschiedene Forschungsfragen im Bereich des Arbeitsmedizinischen Instituts für Schulen (AMIS-Bayern). AMIS-Bayern unterstützt staatliche Schulen in arbeitsmedizinischen, arbeitspsychologischen und sicherheitstechnischen Fragestellungen. Ein besonderer Fokus liegt unter anderem auf dem Bereich „Lärmbelastung und stimmliche Belastung an Schulen“. Schulspezifische Lärmquellen werden identifiziert, um Schulleitungen und Lehrpersonal bei der Auswahl und Umsetzung geeigneter Maßnahmen zu unterstützen und die Handlungsfähigkeit vor Ort zu stärken. Aktuell wird die Beziehung zwischen selbst berichtetem und gemessenem Hörvermögen und dessen Auswirkungen auf den subjektiven Gesundheitszustand bei bayerischen Grund- und Mittelschullehrkräften untersucht.

    Akademie für Gesundheit und ­Lebensmittelsicherheit (AGL)

    Am LGL ist auch die Akademie für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (AGL) als Bildungseinrichtung für die Aus-, Fort- und Weiterbildung für den Öffentlichen Gesundheits- und Veterinärdienst und die Lebensmittelüberwachung in Bayern angesiedelt. Seit über 20 Jahren bietet die AGL Ausbildungslehrgänge, Weiterbildungskurse sowie fachliche und überfachliche Fortbildungen für alle Berufsgruppen in diesem Feld an. Hinzu kommt eine Reihe von Kooperationen mit Hochschulen oder anderen wissenschaftlichen Einrichtungen, Bildungsträgern und Fachverbänden. Beispielhaft hervorgehoben sei hier die Kooperation zwischen dem LGL und der Ludwig-Maximilians-Universität München, die den Teilnehmenden des Amtsarztlehrgangs die Möglichkeit eröffnet, in Verbindung mit dem Lehrgang auch den Master of Public Health (MPH) mit der Spezialisierung Health Administration und Management (HAM) zu erwerben. Damit wird die Brücke zwischen Wissenschaft und Praxis weiter gestärkt. Dieser Studiengang fördert den gezielten Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die praktische Arbeit des ÖGD. Erforderlich sind neben den 720 Stunden Lehrgang mit vier Modulprüfungen sowie einer abschließenden mündlichen Prüfung auch das Bestehen von fünf weiteren Modulprüfungen in Biometrie, Epidemiologie sowie weiteren Wahlpflichtmodulen. Das Bestehen dieser Prüfungen ist Voraussetzung für die Fortsetzung des viersemestrigen Studiengangs.

    Mehr als 800 Referentinnen und Referenten aus Behörden, Universitäten und der Wirtschaft stehen der AGL mit ihrer Expertise zur Verfügung. Mit ihrer Hilfe stellt die AGL ein aktuelles und auf die Bedürfnisse der Zielgruppen zugeschnittenes Programm zusammen. Auf ihrer Plattform bietet die AGL über 400 Veranstaltungen jährlich in unterschiedlichen Formaten an: Präsenz, Online, Live-Online und Blended Learning. Gesicherte Qualität, hoher Praxisbezug, Nachhaltigkeit und Aktualität stehen dabei im Vordergrund.

    Akademie für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin (ASUMED) als Teil der AGL

    Als Teil der AGL führt die Akademie für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin (ASUMED) kontinuierlich Weiterbildungskurse zum Erwerb der Facharztanerkennung Arbeitsmedizin und der Zusatzbezeichnungen Betriebsmedizin und Sozialmedizin durch. Sie ist somit das Bindeglied zwischen Wissenschaft und Praxis. Der Fokus liegt auf einer wissenschaftlich fundierten und modernen, praxisbezogenen Lehre. Pro Jahr nehmen ca. 350–400 Weiterzubildende an den Kursen teil. In der Pandemie wurden die Weiterbildungskurse erfolgreich von Präsenzformaten auf Online-Formate umgestellt. Da eine Mischung von Präsenz und E-Learning meist die bevorzugte Art des Lernens ist, werden die Kurse aktuell in einer Kombination beider Formate angeboten.

    Der qualitativ hochwertigen Weiterbildung des arbeits- und sozialmedizinischen Nachwuchses sowie der Fortbildung der Arbeits- und Sozialmedizinerinnen/-mediziner verpflichtet, hat die ASUMED 2013 einen wissenschaftlichen Beirat etabliert. Der wissenschaftliche Beirat der ASUMED besteht aus sechs gleichberechtigten, wissenschaftlich qualifizierten Persönlichkeiten im Bereich der Arbeitsmedizin beziehungsweise des Arbeitsschutzes aus der Wissenschaft, der öffentlichen Verwaltung, der Praxis und der Arbeitsschutzgremien. Zu den Aufgaben des wissenschaftlichen Beirats gehören zum Beispiel die fachliche Beratung der ASUMED bei der Weiterentwicklung der Kursprogramme, die Übernahme von Fachreferaten in den Weiterbildungskursen und die Unterstützung der ASUMED bei der Konzeption neuer Fort- und Weiterbildungsangebote. Auch die Mitwirkung bei der Verleihung des „Bayerischen Preises für Arbeitsmedizin“ durch das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales, der zweijährlich für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Arbeitsmedizin vergeben wird, sowie die Unterstützung der ASUMED bei anfallenden wissenschaftlichen sowie praktischen Fragen aus den Bereichen Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin stehen im Fokus des Beirats.

    Landesarbeitsgemeinschaften

    Am LGL sind verschiedene Landesarbeitsgemeinschaften angesiedelt. Deren Ziel ist es, verschiedene Themen und Schwerpunkte durch die Einbeziehung relevanter Akteure und Nutzung von Synergien gemeinschaftlich voranzubringen. Mitglieder aus dem Bereich der Arbeitsmedizin spielen in den Landesarbeitsgemeinschaften eine sehr wichtige Rolle. Im Folgenden werden drei Landesarbeitsgemeinschaften beispielhaft vorgestellt (s. auch Online-Quellen).

    Landesarbeitsgemeinschaft Public Health (LAGePH)

    Der ÖGD in Bayern soll durch die enge Verbindung von Public-Health-Forschung und praktischen Erfahrungen der Gesundheitsverwaltung zukunftsfähig gemacht werden. Das akademische Netzwerk wird ausgebaut, um einen beidseitigen Wissenstransfer zu ermöglichen. So hat die Landesarbeitsgemeinschaft Public Health (LAGePH) unter anderem Mitglieder aus Ministerien und Landeseinrichtungen, Öffentlichem Gesundheitsdienst, Universitäten (unter anderem aus dem Bereich der Arbeitsmedizin die Direktorin des Instituts und der Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der FAU Erlangen, Frau Prof. Dr. Kaifie-Pechmann), berufsständischen Körperschaften sowie Fachgesellschaften und Verbänden, Beiräten und Gremien.

    Die LAGePH am LGL hat das Ziel, Forschungsergebnisse in die Praxis zu übertragen und die wissenschaftliche Evidenz im ÖGD zu stärken. Gleichzeitig soll die ÖGD-relevante Forschung stärker von den Praxiserfahrungen profitieren. Ziel ist ein stetiger Austausch auf Augenhöhe und Wissenstransfer in beide Richtungen.

    Landesarbeitsgemeinschaft Gesundheitsschutz im Klimawandel (LAGiK)

    Der Klimawandel beeinträchtigt durch die Zunahme von Extremwetterereignissen wie Hitze oder Starkregen unsere Gesundheit. Um die bayerische Bevölkerung besser auf diese gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels vorzubereiten, wurde im September 2021 die „Landesarbeitsgemeinschaft Gesundheitsschutz im Klimawandel (LAGiK)“ gegründet. Die LAGiK ist ein interdisziplinärer Zusammenschluss von relevanten Akteuren im Bereich Klimawandel und Gesundheit (z. B. aus dem Gesundheitswesen, Nicht-Regierungsorganisationen, Berufsverbänden, Akteuren aus der Verwaltung oder dem Öffentlichen Gesundheitsdienst sowie von Universitäten). Das Thema „Hitze“ ist das erste Schwerpunktthema der LAGiK. Um spezifische Fragestellungen hinsichtlich des Gesundheitsschutzes im Klimawandel zu bearbeiten, gibt es in der LAGiK fünf Arbeitsgruppen: Pflege, Risikogruppen, kommunale Vernetzung, Kommunikation sowie „Beruf und Klimawandel“. Ziel der AG „Beruf und Klimawandel“ ist es dabei, bezüglich der gesundheitlichen Auswirkungen von Hitze im beruflichen Kontext zu informieren und zu sensibilisieren.

    Landesarbeitsgemeinschaft Impfen ­(LAGI)

    Die Bayerische Landesarbeitsgemeinschaft Impfen (LAGI) vereint Vertreterinnen und Vertreter von Ärzteverbänden, Apothekern, Körperschaften, dem Öffentlichen Gesundheitsdienst, gesetzlichen wie privaten Krankenkassen und Wissenschaft einschließlich aller bayerischen Mitglieder der Ständigen Impfkommission (STIKO). Die LAGI hat zum Ziel, den Impfschutz der bayerischen Bevölkerung auf Basis der Freiwilligkeit und der informierten, mündigen Entscheidung sowie entsprechend dem aktuellen wissenschaftlichen Stand zu verbessern. Teilnehmende Vertreterinnen und Vertreter der Arbeitsmedizin leisten hier einen wichtigen Beitrag.

    Synergien

    Mit der Akademie für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (AGL), in der sowohl Amtsärztinnen/-ärzte als auch Arbeits- und Betriebsmedizinerinnen/-mediziner aus-, fort- und weitergebildet werden, den Landesarbeitsgemeinschaften sowie der Etablierung von Brückenprofessuren nimmt das LGL eine führende Rolle im Bereich der sektorenverbindenden Zusammenarbeit zwischen Arbeitsmedizin und ÖGD ein. Nur durch Kooperation und die Nutzung von
    Synergien können die vorhandenen Ressourcen bestmöglich genutzt werden.

    Interessenkonflikt: Die Autorinnen geben an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.

    Online-Quellen

    Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittel­sicherheit (LGL)
    https://www.lgl.bayern.de/das_lgl/index.htm

    Psychische Belastungen am Arbeitsplatz – Ursachen, Folgen und Handlungsfelder der Prävention
    https://www.lgl.bayern.de/arbeitsschutz/arbeitsmedizin/arbeitspsycholog…

    Arbeitsmedizinisches Institut für Schulen (AMIS-Bayern)
    https://www.lgl.bayern.de/arbeitsschutz/amis/

    Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittel­sicherheit (LGL): Fort- und Weiterbildung
    https://www.lgl.bayern.de/fort_weiterbildung/index.htm

    Landesarbeitsgemeinschaft ­Public Health (LAGePH )
    https://www.lgl.bayern.de/gesundheit/public_health_sozialmedizin/lageph…

    Landesarbeitsgemeinschaft Gesundheitsschutz im Klimawandel (LAGiK)
    https://www.lgl.bayern.de/gesundheit/umweltbezogener_gesundheitsschutz/…

    Bayerische Landesarbeits­gemeinschaft Impfen (LAGI)
    https://www.lgl.bayern.de/gesundheit/praevention/impfen/lagi/index.htm

    Die Synergien zwischen dem Öffentlichen Gesundheitsdienst und der Arbeitsmedizin müssen bestmöglich genutzt werden. Das Bayerische Landesamt für Gesundheit ist ein gutes Beispiel für gelungene sektorenverbindende Zusammenarbeit zwischen Arbeitsmedizin und ÖGD

    Foto: © MQ-Illustrations-stock.adobe.com

    Die Synergien zwischen dem Öffentlichen Gesundheitsdienst und der Arbeitsmedizin müssen bestmöglich genutzt werden. Das Bayerische Landesamt für Gesundheit ist ein gutes Beispiel für gelungene sektorenverbindende Zusammenarbeit zwischen Arbeitsmedizin und ÖGD

    Koautorinnen

    Dr. Hedwig Spegel, MPH Josefine Nebl
    Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit

    Prof. Dr. med. Caroline Herr
    Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit und Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin; LMU-Klinikum

    Kontakt

    Prof. Dr. med. Stefanie Heinze
    Brückenprofessur „Arbeits­bezogener Gesundheitsschutz und Gesundheitsförderung“; Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) und LMU München; Pfarrstr. 3, 80538 München

    Foto: Sabine Gassner, München

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