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Eine gemeinsame Entwicklungs- und Erfolgsgeschichte

Der Pausenexpress an der ­Johannes Gutenberg-Universität

Einführung

Die JGU hat sich bereits vor vielen Jahren die aktive Förderung der Gesundheit ihrer Angehörigen zum Ziel gemacht. Die JGU sieht sich nicht nur als Institution von Forschung und Lehre, sondern auch als Lebensraum ihrer knapp 4200 Beschäftigten (Zahlenspiegel 2018). Deshalb möchte die Universitätsleitung durch die nachhaltige Implementierung eines gesundheitsfördernden Arbeitsumfelds sowie Gesundheitsbildung für ihre Mitarbeitenden zu einer höheren Arbeitszufriedenheit und Lebensqualität beitragen. Der Status einer Volluniversität bietet den Vorteil, dass viele notwendige Strukturen zur Umsetzung einer wirksamen Gesundheitsförderung bereits bestehen. Insgesamt gibt es an der JGU etwa 20 Abteilungen mit ergänzenden Angeboten, die sich im engeren und weiteren Sinne dem betrieblichen Gesundheitsmanagement zuordnen lassen, von der Personalentwicklung, dem Hochschulsport und dem Familienservicebüro über die Abteilung Sportmedizin, Prävention und Rehabilitation des Instituts für Sportwissenschaft bis hin zur psychologischen Beratungsstelle, der Schwerbehindertenvertretung, der Stabsstelle Gleichstellung und Diversität, dem betriebsärztlichen Dienst sowie der Dienststelle Arbeitsschutz und Suchtberatung.

Mit diesen diversen Einrichtungen, in Kombination mit den vielfältigen Forschungsbereichen, kann die JGU auf Ressourcen und Fachkompetenz zurückgreifen, die es in Unternehmen nicht zwangsläufig gibt. Für ein ganzheitliches, systematisches Gesundheitsmanagement ist ein Zusammenspiel der verschiedenen Akteure dabei unabdingbar. Der Pausenexpress für Beschäftigte an der JGU als Kooperation zwischen der Personalentwicklung, dem Allgemeinen Hochschulsport und der Abteilung Sportmedizin des Instituts für Sportwissenschaft ist dafür ein gelungenes Beispiel.

Das Konzept auf einen Blick

Beim Pausenexpress an der JGU handelt es sich um ein 15-minütiges Mobilisations-, Kräftigungs- und Entspannungsangebot für Beschäftigte. Das Programm setzt ganz bewusst auf Niederschwelligkeit und möglichst niedrige Zugangshürden (vgl. Fraschet al. 2017): Qualifizierte Übungsleitende besuchen während der Vorlesungszeiten einmal wöchentlich eine feste Gruppe von 5 bis 8 Mitarbeitenden zu vereinbarten Terminen. Die Trainingseinheiten finden je nach Gegebenheiten in Büro- und Besprechungsräumen, auf den Fluren oder alternativ auch im Freien statt. Das Angebot erreicht die Beschäftigten somit direkt im Arbeitsalltag. Da die Inhalte und Intensitäten der Einheiten an die Bürosituation angepasst sind, ist ein Kleidungswechsel für die Teilnahme nicht erforderlich.

Die Entwicklungsgeschichte

Im Jahr 2011 startete die Personalentwicklung der JGU die ersten Bewegungsangebote für Beschäftige im Sinne des Pausenexpresses. Bis zum Jahr 2015 bewegte sich die Zahl der Veranstaltungen pro Jahr zwischen drei und sechs und war damit sehr überschaubar. Es wurden einzelne Orte an der JGU identifiziert, an denen Beschäftigte zusammenkommen und sich gemeinsam bewegen konnten. Auch gab es erste Versuche, das Angebot bereichsspezifisch (z.B. für Mitarbeitende der Personalabteilung oder der Universitätsbibliothek) zur Verfügung zu stellen. Für das Sommersemester 2016 wurde das Konzept von der Personalentwicklung in Zusammenarbeit mit der Abteilung Sportmedizin grundlegend verändert und in einer Pilotphase als „PausenFit“ durchgeführt sowie wissenschaftlich evaluiert. Nach großer Zufriedenheit und positivem Feedback wurde das Angebot seitdem jedes Semester mit steigenden Teilnehmerzahlen angeboten.

Seit 2018 ist der Hochschulsport als ein weiterer Kooperationspartner bei der Umsetzung und Planung des Programms hinzugestoßen. Universitärer Sport ist an deutschen Universitäten sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene in der Bildungsgesetzgebung verankert. Zu den Kernaufgaben des Hochschulsports zählt nicht zuletzt die Organisation eines bedarfsorientierten Sport- sowie Bewegungs- und Gesundheitsprogramms für die Angehörigen der Universität. Aufgrund der inhaltlichen Nähe konnte der Hochschulsport die beiden anderen Programmpartner somit unmittelbar bereichern.

Seit dem Wintersemester 2019/20 findet das Angebot unter dem Siegel „Pausenexpress“ des Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverbands (adh) statt. Es handelt sich beim Pausenexpress um eine geschützte Marke, für deren Nutzung Universitäten ein individuelles Konzept vorlegen müssen, das vom adh auf Grundlage einer Reihe von Qualitätskriterien geprüft wird. Die Marke Pausenexpress feiert im Jahr 2020 ihr zehnjähriges Jubiläum und ist mittlerweile bundesweit an insgesamt 41 Hochschulen etabliert (Horstmann u. Frasch 2020). Hintergrund des Lizenzerwerbs an der JGU war es, das eigene verwandte Angebot weiter zu professionalisieren. Ein eigenes, individualisiertes Logo (➥ Abb. 1) sowie die Ausstattung der Übungsleiterinnen und -leiter mit entsprechend versehener Kleidung verstärken zudem die Sichtbarkeit des Pausenexpresses sowie der verantwortlichen Einrichtungen zwecks besserer interner Kommunikation des Angebots.

Ziele und Inhalte des Pausenexpresses

Wissenschaftliche Studien aus jüngerer Zeit (vgl. unter anderem Stamatakis et al. 2019) belegen, dass so genannte „Extremsitzer“ ein um 80% erhöhtes Sterberisiko im Vergleich zu hochaktiven Personen aufweisen. Schon 15 Minuten Bewegung am Tag können dieses Mortalitätsrisiko jedoch bereits nennenswert senken (Wen et al. 2019). Zwar findet der Pausenexpress nur einmal wöchentlich statt, jedoch ist es ein explizites Ziel des Angebots, ein entsprechendes Bewusstsein zu schaffen und die Beschäftigten in puncto Gesundheit nachhaltig weiterzubilden. Durch eine gesteigerte Gesundheitskompetenz hinsichtlich des Verständnisses der Relevanz von regelmäßiger Bewegung im Alltag sowie der Befähigung für eine eigenständige Trainingsdurchführung lässt sich der Pausenexpress somit als eine effiziente und effektive Kurzintervention verorten.

Das Programm fußt auf den vier Säulen Mobilisation, Kräftigung, Dehnung und Entspannung (vgl. Frasch et al. 2017): Mit dem eigenen Körpergewicht, mit Hilfe von fitnessspezifischen Sportkleingeräten wie Hanteln, Bändern und Bällen oder auch Alltagsgegenständen aus dem Büro trainieren die Teilnehmenden unter Anleitung der Übungsleitung gezielt besonders gefährdete oder ungünstig beanspruchte oder belastete Bereiche (z. B. Rumpf-, Schulter- und Nackenmuskulatur); aktivierende und entspannende Elemente werden dabei bedarfsgerecht auf die Zielgruppe abgestimmt. Die Bewegungsprogramme tragen dazu bei, statischen, ungünstigen Fehlhaltungen am Arbeitsplatz entgegenzuwirken und neben dem physischen auch gleichzeitig das psychische Wohlbefinden zu steigern (Horstmann u. Frasch 2020). Gerade diese vielseitige und abwechslungsreiche Gestaltung der Einheiten wird von den Teilnehmenden in den regelmäßigen, standardisierten Evaluationen als besonders positiv empfunden.

Abb. 2:  Entwicklung der Veranstaltungs- und Teilnehmendenzahlen des Pausenexpresses (und seiner Vorgänger) an der JGU seit 2011 (eigene Darstellung)

Abb. 2: Entwicklung der Veranstaltungs- und Teilnehmendenzahlen des Pausenexpresses (und seiner Vorgänger) an der JGU seit 2011 (eigene Darstellung)

Organisation und Finanzierung

Das Angebot wird gemeinschaftlich von der Personalentwicklung, dem Hochschulsport sowie der Abteilung Sportmedizin organisiert und ist mittlerweile ein fester Bestandteil innerhalb des Personalfortbildungsprogramms. Anmelden können sich Bürogemeinschaften ab mindestens fünf Personen. Die Maximalzahl der Gruppe richtet sich nach der Größe des Raums oder Flurs, sie liegt aus Gründen der Betreuungsqualität aber in der Regel nicht über acht Personen. Die Kurslaufzeit beträgt 10–12 Wochen während der universitären Vorlesungszeiten. Die Übungsleitenden besuchen jede Bürogruppe einmal wöchentlich werktags zu vorher vereinbarten Zeiten im Zeitraum von 9:00 bis 12:00 Uhr. Damit können sechs Gruppen hintereinander eine Trainingseinheit absolvieren. Als eine der wenigen deutschen Universität dieser Größe beherbergt die JGU fast alle Institute auf einem innenstadtnahen Campus, auf dem auch vier Partnerinstitute der außeruniversitären Spitzenforschung angesiedelt sind. Das bedeutet: Kurze Wege charakterisieren den Tagesablauf und erleichtern somit die Durchführung des Pausenexpresses.

Von 2016 bis 2019 lag die Anzahl der durchgeführten Veranstaltungen zwischen 35 und 60 pro Jahr (vgl. Abb. 2), was die große und zunehmende Beliebtheit des Programms bestätigt. Im Durchschnitt liegt die Gruppengröße bei MED = 5,5. Zu beachten ist, dass selbst bei großen Anmeldezahlen nicht immer alle Gruppenmitglieder alle Termine wahrnehmen können. Die Zahl der für den Pausenexpress angemeldeten Beschäftigten lag in den Jahren 2018 und 2019 bei über 500 (➥ Abb. 2). Jedoch darf diese Zahl nicht als tatsächliche Personenzahl interpretiert werden, da manche Bereiche an zwei Kursen im Jahr teilnahmen und es damit Überschneidungen gibt.

Abb. 3:  Verteilung der Teilnehmendengruppen aus 2019 auf die organisatorischen Einheiten der JGU (eigene Darstellung)

Abb. 3: Verteilung der Teilnehmendengruppen aus 2019 auf die organisatorischen Einheiten der JGU (eigene Darstellung)

Im Jahr 2019 gab es 60 Kurse, die von 36 Teams wahrgenommen wurden. Der größte Teil (n = 22) stammt aus den Fachbereichen, fünf Teams können den zentralen Einrichtungen (z.B. Zentrum für Datenverarbeitung, Universitätsbibliothek) und neun Teams der zentralen Verwaltung (z.B. Personalabteilung, Finanzabteilung) zugeordnet werden (➥ Abb. 3). Es zeigt sich somit, dass sich das Konzept wunderbar eignet, um nicht nur die Zentrale, sondern die gesamte Universität an ihren unterschiedlichen Orten zu erreichen. Die 60 Kurse, verteilt auf zwei Semester, wurden im Jahr 2019 von 6–7 Übungsleitenden betreut.

Der organisatorische Verwaltungsaufwand wird von hauptamtlich tätigen Personen der drei beteiligten Einrichtungen getragen und erfolgt im Rahmen ihrer Anstellung an der Universität. Sämtliche Kosten für die Übungsleitenden sowie für die Kleingeräte werden derzeit zentral von der Universität, im Rahmen des Personalfortbildungsprogramms, getragen. Die Personalentwicklung ist maßgeblich verantwortlich für die Verbreitung des Programms in den verschiedenen universitätsinternen Kanälen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Personalfortbildungsprogramm. Auch der Hochschulsport nutzt seine diversen Kommunikationsplattformen, um das Angebot innerhalb der Universitätsöffentlichkeit zu bewerben. Die Akquise der teilnehmenden Personen (d.h. Anmeldung für das Angebot durch Bürogemeinschaften) sowie die Personalplanung (Erstellung der Kurs- und Einsatzzeiten der Übungsleitenden) werden derzeit durch die Personalentwicklung koordiniert.

Die Rekrutierung von Übungsleitenden wird gemeinschaftlich gesteuert. Das Setting Hochschule und der Status einer Volluniversität mit rund 1200 Sportwissenschaftsstudierenden stellt sich hier als enormer Vorteil dar. Die Suche und Ausbildung von Übungsleitenden erfolgt weitgehend unkompliziert, da die Tätigkeit ein passendes Lern- und Arbeitsfeld für Sportwissenschaftsstudierende darstellt und somit eine attraktive Möglichkeit ist, theoretisch erlerntes Wissen in der Praxis anzuwenden. Besonderen Charme gewinnt der Pausenexpress also zudem durch das quasi umgekehrte Rollenverhältnis, indem die Studierenden in die Rolle der „Lehrenden“ schlüpfen. Die Schulung und Qualifizierung der Übungsleitenden wird von hauptamtlich beschäftigten Personen des Hochschulsports oder der Sportmedizin durchgeführt, die über die nötige fachliche Expertise und entsprechende Lizenzen verfügen. Auch hier zeigt sich der Erwerb der Pausenexpress-Lizenz des adh als Gewinn: Der Verband bietet in regelmäßigen Abständen Multiplikator-Fortbildungen an. Die Qualitätssicherung des Pausenexpresses wird zudem durch einheitliche Standards und klar definierte Inhalte – zum Beispiel in Form eines umfangreichen Handbuchs mit exemplarischen, bebilderten Übungseinheiten – unterstützt (Horstmann u. Frasch 2020).

Gebündelte Ressourcen und Kompetenzen führten bisher zu einer effizienten und nachhaltigen Durchführung des Pausenexpresses. Die Nutzung bereits vorhandener institutioneller Strukturen und Konzepte sowie vorhandene Fachkompetenz ermöglichten eine zielführende und wirkungsvolle Bewegungsintervention für die Beschäftigten der JGU. Der Qualität und Beliebtheit des Pausenexpresses wird zudem dadurch Rechnung getragen, dass mit wohlwollender Unterstützung der Hochschulleitung das Programm während der Arbeitszeit erfolgt.

Der Sommer 2020 und ein Blick in die Zukunft

Der Pausenexpress im Sommersemester 2020 war mit fünf Übungsleitenden und 31 Bürogemeinschaften geplant. Aufgrund der durch das Coronavirus bedingten Einschränkungen wurde das Angebot kurzerhand in den digitalen Raum verlagert: Die Beschäftigten mussten somit nicht auf den Pausenexpress verzichten, sondern konnten in videobasierten Live-Sessions aus dem Homeoffice am Programm teilnehmen. Für den digitalen Pausenexpress hatten sich 93 Personen angemeldet, im Durchschnitt waren 65–70 Personen online. Nach den positiven Rückmeldungen wird der digitale Pausenexpress auch im Wintersemester 2020/21 fortgeführt und auf Grundlage aktueller Planungen zusätzlich zum Präsenzangebot stattfinden. Dadurch können auch Mitglieder der JGU erreicht werden, die gerne als Einzelpersonen am Pausenexpress teilnehmen möchten.

Die Erfahrungen in den zurückliegenden Monaten bestätigen die zunehmende Notwendigkeit, Angebote der Gesundheitsförderung auch im digitalen Raum bereitzustellen. An der JGU wird aus diesem Grund im Rahmen des Projekts „Healthy Campus Mainz – gesund studieren an der JGU“ in Kooperation mit dem Hochschulsport aktuell intensiv an den Umsetzungsmöglichkeiten eines digitalen Gesundheitsexpresses für Studierende gearbeitet. Ausgangspunkt für dieses Vorhaben sind die Ergebnisse einer Studierendenbefragung an der JGU aus dem Sommer 2019, in deren Rahmen alarmierende Zahlen in Bezug auf die tägliche Sitzzeit sowie weitere Gesundheitsfaktoren eruiert wurden. Ziel eines digitalen Gesundheitsexpresses soll es sein, Inhalte, Kompetenzen und Methoden der Prävention und Gesundheitsförderung als extracurriculares Lehrangebot systematisch in bestehende Lehre zu integrieren.

Interessenkonflikt: Das Autorenteam gibt an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.

Literatur

Frasch J, Schenk B, Sinner J: Pausenexpress. Handbuch für Trainerinnen und Trainer. Roßdorf: TZ Verlag & Print GmbH, 2017.

Horstmann F, Frasch J: Zehn Jahre Pausenexpress: Eine Erfolgsgeschichte des Hochschulsports. Hochschulsport 2020; 2: 25–27.

Stamatakis E, Gale J, Bauman A, et al.: Sitting time, physical activity, and risk of mortality in adults. J Am Coll Cardiol 2019; 73: 2062–2072.

Wen CP, Wai JP, Tsai MK et al.: Minimum amount of physical activity for reduced mortality and extended life expectancy: a prospective cohort study. Lancet 2011; 378: 1244–1253.

Weitere Infos

Zahlenspiegel der JGU, 2018
https://www.puc.verwaltung.uni-mainz.de/files/2019/09/Zahlenspiegel_201…

Koautorinnen und Koautoren

An der Erstellung des Beitrags beteiligt ­waren Dr. Jana Leipold, Referentin Personalentwicklung, Lukas Friedrich, Programmkonzeption und -betreuung Pausenexpress, Personalentwicklung, Barlo Hillen, Sportmedizinische Ambulanz, Matthias Dreher, Zentrum für Wissenschaftliche ­Weiterbildung, alle Johannes Gutenberg-Universität Mainz.

Kontakt

Dr. phil. Mathias Schubert
Johannes Gutenberg-­Universität Mainz; Institut für Sportwissenschaft; Allgemeiner Hochschulsport; Albert-Schweitzer-Str.22; 55128 Mainz

Foto: privat

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