Mit der Entwicklung von Assistenzsystemen sowohl in Fahrzeugen im Straßenverkehr als auch in industriellen Anwendungen werden unterschiedliche Stufen der Automatisierung beschrieben und auch diskutiert. Zwischen nicht automatisierten Systemen, in denen der Mensch die umfassende Steuerung übernimmt und damit auch die Kontrolle über die Technik bis hin zu voll automatisierten Systemen, die eigenständig die Steuerung übernehmen, gibt es diverse Zwischenstufen, in denen eine Funktionsteilung zwischen Mensch und Technik erfolgt. Je höher der Automatisierungsgrad ist, umso weniger sind die vom technischen System getroffenen Entscheidungen transparent. Teilweise sind die Entscheidungen noch nachvollziehbar, oft jedoch nicht, da die Entscheidungsparameter nicht bekannt sind.
Mit der zunehmenden Durchdringung des täglichen Lebens mit digitalen Assistenzsystemen, die die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz (KI) bzw. des maschinellen Lernens (ML) nutzen, ergeben sich Chancen und Risiken. Ein bekanntes Phänomen ist die sogenannte Ironie der Automatisierung. Indem Assistenzsysteme Aufgaben übernehmen, „verlernt“ der Mensch genau diese Aufgaben. Bei sehr zuverlässigen Systemen wird oft dem Assistenzsystem mehr vertraut als der eigenen Entscheidungskompetenz. Wurde zu Beginn der Verbreitung der Navigationssysteme im Auto die Fahrtrichtungsansage eher als Hinweis verstanden, so wurde mit zunehmender Qualität auch das Vertrauen in die Richtigkeit der Ansage gesteigert. Es gibt Fälle, dass Fahrzeuge aufgrund der Navigationsansage in ausweglose Situationen manövriert wurden, bis hin, dass in Flüsse gefahren wurde, wenn eben gerade keine Fähre angedockt hatte. Auch Warnsysteme zählen zu den Assistenzsystemen, denen ambivalent gefolgt wird. Bei seltenen Ereignissen werden Alarme als Fehlalarme interpretiert. Bei häufigen Fehlalarmen wird ein tatsächlicher Alarm ignoriert. Hier zeigt sich die Ambivalenz von Assistenzsystemen. Diese müssen so gestaltet sein, dass sie den Menschen unterstützen und nicht überflüssig machen.
Assistenzsysteme finden zunehmend auch ihren Eingang in den Arbeitsschutz. Übergeordnet muss insgesamt die Nutzung der Möglichkeiten durch künstliche Intelligenz bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen Berücksichtigung finden. Es ergeben sich, wie schon ausgeführt, Chancen und Risiken.
Neben eher klassischen Themen des Arbeitsschutzes sollen in diesem Heft neue Technologien behandelt werden. Maximilian Dommermuth beschreibt in seinem Beitrag „Herkulesaufgabe digitale Transformation“ Beispiele aus der Unternehmenspraxis. Sophie Beretta et al. zeigen in ihrem Text „Humanzentrierte Arbeitsgestaltung im Zeitalter von KI“ auf, wie beim Einsatz von künstlicher Intelligenz Arbeitsplätze attraktiv gestaltet werden können. Im Beitrag „ErgoBest“ wird von Daniel Freitag et al. beschrieben, wie mittels digitaler Technologien in industriellen Arbeitsprozessen die Ergonomie verbessert werden kann. Nach wie vor gibt es Steh- und Sitzarbeitsplätze. Lisa Rücker behandelt zum Thema „Berufliches Stehen – Gehen als Entlastungsfaktor“ Empfehlungen zur Gestaltung von Steharbeit und Mark Bührer et al. kümmern sich unter der Überschrift „Sitzdiskomfort – Referenzwerte von Druckkenngrößen für Bürostühle“ um das Sitzen. Ute Beate Schröder et al. stellen das Vorhaben „Frühe Intervention am Arbeitsplatz (friaa)“ vor, in dem die Chancen durch eine frühzeitige betriebsärztliche Intervention vorgestellt werden.
Ihr
Prof. Dr.-Ing. Martin Schmauder
Professur Arbeitswissenschaft der TU Dresden
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