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Gesundheitliche Effekte im Querschnitt der BAuA-Arbeitszeitbefragung 2019

Informationsüberflutung durch digitale Medien

Informationsüberflutung – Einführung zum Phänomen

Immer mehr Unternehmen arbeiten in Deutschland mit digitalen Informations- und Kommunikationsmitteln. Waren es 2012 bereits 65,5 % der Beschäftigten in Deutschland, die häufig mit Computern arbeiteten (6. Erwerbstätigenbefragung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), n = 20.036), so sind es 2018 schon 77,1% (7. BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung, n = 20.012). Durch die Corona-Pandemie wurde die Digitalisierung noch weiter vorangetrieben und damit die verstärkte Nutzung digitaler Medien bei der Arbeit.

Angesichts der Entwicklung der technischen Möglichkeiten für Informations- und Kommunikationsprozesse scheint das Ausmaß der digital zur Verfügung gestellten Informationen zunehmende Bedeutung für den Arbeitsalltag von Beschäftigten zu erlangen. In diesem Rahmen wurde hierfür im letzten Jahrhundert der Begriff des „information overload“ (Toffler 1970) etabliert.

Eine repräsentative Querschnittstudie der Bevölkerung im Auftrag der Techniker Krankenkasse („Entspann dich, Deutschland – TK-Stressstudie“) ergab bereits 2016, dass von 13 genannten Stressfaktoren bei der Arbeit die „Informationsflut“ durch E-Mails bei der Arbeit auf Platz 4 der als belastend empfundenen Faktoren steht, nach Arbeitsverdichtung, Termindruck/Arbeitshetze und Störungen/Unterbrechungen während der Arbeit. Eine repräsentative Bevölkerungsstudie bei 14- bis 34-jährigen Bundesbürgern („Zukunft Gesundheit 2019“) im Auftrag der Schwenninger Krankenkasse und in Kooperation mit der Stiftung „Die Gesundarbeiter – Zukunftsverantwortung Gesundheit“ ergab, dass sich 41 % der Befragten durch digitale Medien „stark gestresst“ fühlen, davon 53 % durch die „allgemeine Informations­flut“, ausgelöst durch Mails, Newsletter, Push-Nachrichten etc.

Informationsüberflutung ist ein eher umgangssprachlicher Begriff für das persönliche Erleben von einem „Zuviel“ an Informatio­nen. In der Literatur findet man auch die Begriffe „Informationsflut“ oder „Informationsüberlastung“, die oftmals das gleiche Phänomen beschreiben. In dieser Studie findet der beanspruchungsbezogene Begriff der Informationsüberflutung Verwendung, da er dem subjektiven Überforderungserleben und damit dem „overload“ sachlich am nächsten kommt.

Eine Informationsüberflutung liegt dann vor, wenn die zu verarbeitenden Informatio­nen die individuelle Verarbeitungskapazität einer Person überschreiten (Antoni u. Ellwart 2017; Piecha u. Hacker 2020, s. „Weitere Infos“). Informationsüberflutung beschreibt somit in erster Linie ein subjektives Phänomen, das infolge eines hohen Informationsaufkommens auftreten kann. Es ist demnach eine Beanspruchungsfolge.

Welche Bedeutung Informationsüberflutung für die Gesundheit haben kann, scheint derzeit noch nicht ausreichend belegt zu sein. Die vorliegende Studie zielt daher auf die Untersuchung der zwischen Informationsüberflutung und ausgewählten gesundheitlichen Beschwerden zu vermutenden Zusammenhänge. Dazu stehen insbesondere gesundheitliche Beschwerden, die vermehrt als psychosomatischer Natur beschrieben werden, im Fokus.

Methodik der Datenerhebung und -auswertung

Die gesundheitlichen Beschwerden wurden auf der Basis der Daten der BAuA-Arbeitszeitbefragung 2019 erhoben. Hierbei handelt es sich um eine Panelbefragung, bei der Erwerbstätige in Deutschland zu Aspekten der Arbeitszeit, der Arbeitsbedingungen, der Work-Life-Balance und der Gesundheit interviewt wurden (Häring et al. 2020).

Die BAuA-Arbeitszeitbefragung 2019 erfolgte in der Zeit von Mai 2019 bis Januar 2020. Mit der Durchführung der computerunterstützten Telefonbefragung (CATI = Computer Assisted Telephone Interview) war das infas Institut für angewandte Sozial­wissenschaft GmbH von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin beauftragt worden. In der derzeit dritten Welle wurden insgesamt 10.540 gültige Interviews realisiert, davon 3138 Interviews mit erstbefragten Personen und 7402 Interviews mit Panelteilnehmenden der Vorwellen. Die Befragung wurde als Zufallsstichprobe mittels Kontaktierung über zufällig generierte Festnetz- und Mobilfunknummern umgesetzt. Die Grundgesamtheit der Studie bilden alle Personen ab 15 Jahren in Deutschland, die einer bezahlten Erwerbstätigkeit von mindestens 10 Stunden pro Woche nachgehen.

Die hier verwendete Substichprobe umfasst alle abhängig Beschäftigten zwischen 19 und 69 Jahren, die unterstützt durch Informations- und Kommunikationsmittel arbeiten. Der Infokasten zeigt eine Übersicht über die verwendeten Items aus der BAuA-Arbeitszeitbefragung, bezogen auf die hier verwendete Zielvariable „gesundheitliche Beschwerden“ und die Einflussvariable „Schwierigkeiten bei der Bewältigung der Menge an Informationen“ (Informationsüberflutung). Es wurde davon ausgegangen, dass eine hohe Informationsfülle, die schwer zu bewältigen ist, das Erleben von Informationsüberflutung widerspiegelt. Zu vermuten ist, dass ein Anstieg der Häufigkeit eines solchen Erlebens mit einer Erhöhung des Belastungsniveaus korrespondiert (vgl. Antoni u. Ellwart 2017; Piecha u. Hacker 2020, s. „Weitere Infos“) und somit gesundheitliche Beanspruchungsfolgen zu erwarten sind.

Da sich das Auftreten von gesundheitlichen Beschwerden zwischen Männern und Frauen unterscheidet, erfolgten alle Analysen für jedes Geschlecht separat.

Gesundheitliche Beschwerden hängen zumeist vom Alter ab. Die berufliche Stellung (Arbeiterinnen/Arbeiter, Angestellte, Beamtinnen/Beamte) klassifiziert die Studien­teilnehmenden grob in je eine bestimmte berufsbedingte Grundbelastung. Diese wird von der aus der Informationsüberflutung resultierenden Belastung möglicherweise überlagert. Ein Confounding durch Alter und berufliche Stellung muss demnach in Betracht gezogen werden. Im Vorfeld der Analysen war folglich zu prüfen, ob das Alter und die berufliche Stellung einen Effekt auf die Zielvariable haben. Eine Assoziation von Alter und beruflicher Stellung mit der Einflussvariable wurde bereits bei Junghanns und Kersten (2019) nachgewiesen. Dementsprechend wurden die Analysen zum Zusammenhang von Informationsüberflutung und gesundheitlichen Beschwerden adjustiert ausgeführt, hier in Form binomialer logistischer Regressionsmodelle mit Alter und beruflicher Stellung als Kovariablen. Die Berechnungen erfolgten mit SPSS25 GENLIN, das Signifikanzniveau wurde mit p0 = 0,05 angesetzt. Bei der Vielzahl der geprüften Gesundheitsbeschwerden ist die Analyse als explorativ anzusehen.

Ergebnisse

Stichprobenbeschreibung

➥ Tabelle 1 gibt einen Überblick über die hier verwendete Teilstichprobe. Einbezogen wurden die abhängig Beschäftigten, die bei ihrer Arbeit mit Informations- und Kommunikationsmitteln umgehen. Insgesamt betrifft das 7275 Beschäftigte (davon 53,2 % Männer und 46,8 % Frauen). Die Beschäftigten in der Teilstichprobe sind im Mittel 49,2 (Männer; SD = 10,2) beziehungsweise 50,4 (Frauen; SD = 9,3) Jahre alt. Das Auftreten von Schwierigkeiten bei der Informationsbewältigung während der Arbeit wurde in vier Stufen erfasst. Die meisten Beschäftigten haben „selten“ oder „manchmal“ Probleme (insgesamt 64 %). 28,2 % der Befragten (n = 2052) geben „häufig“ auftretende Schwierigkeiten bei der Bewältigung der Informationsmenge an, 7,8 % „nie“.

Von den Studienteilnehmenden erleben die meisten allgemeine Müdigkeit, Mattigkeit und Erschöpfung (53,6 %), haben Schmerzen im Schulter- und Nackenbereich (53,4 %) oder im unteren Rücken, Kreuzschmerzen (41,5 %). Insgesamt werden diese Beschwerden – und auch die meisten anderen – von Frauen häufiger angegeben als von Männern.

Regressionsanalysen zum Zusammenhang von Informationsüberflutung und gesundheitlichen Beschwerden

Im Folgenden werden die Ergebnisse binärer logistischer Regressionsanalysen zur Aufklärung des Zusammenhangs zwischen Informationsüberflutung („Häufig“, „Manchmal“, „Selten“ und „Nie“) und gesundheitlichen Beschwerden dargestellt. Dabei bildet die Kategorie „Nie“ die Referenz.

Jede Zeile von ➥ Tabelle 2 enthält links die betrachtete Beschwerdeart und daneben die genannten Kategorien der Informationsüberflutung. Rechts folgen die adjustierten Odds Ratios (ORs) mit Konfidenzintervall, getrennt nach Frauen und Männern. Tendenziell weisen Männer höhere ORs für alle Beschwerdearten auf, ausgenommen bei Hörverschlechterung/Ohrgeräuschen, Schmerzen im Nacken- und Schulterbereich und körperlicher Erschöpfung. Hier sind für die Frauen etwas höhere ORs zu beobachten.

Insbesondere bei Schlafstörungen, Nervosität/Reizbarkeit und emotionale Erschöpfung (alle ORs > 2,8) besteht ein Einfluss der Informationsüberflutung auf die Gesundheit bei den Männern. Bei den Frauen ist der Einfluss etwas geringer, hier sind es ebenfalls emotionale Erschöpfung, aber auch Hörverschlechterung/Ohrgeräusche und Schulter- Nackenschmerzen (alle ORs > 2,3), die mit zunehmender Informationsüberflutung einhergehen. Die höheren Odds Ratios bei den Männern deuten auf einen stärkeren Zusammenhang von Informationsüberflutung und Beschwerdehäufigkeit hin.

Häufig wahrgenommene Informationsüberflutung hat einen signifikanten Effekt auf die betrachteten gesundheitlichen Beschwerden, mit Ausnahme von „Magen- oder Verdauungsbeschwerden“ bei den Frauen. Die entsprechenden ORs variieren zwischen 1,39 und 2,95. Charakteristisch für alle gesundheitlichen Beschwerden ist, unabhängig von der Signifikanz, ein fast durchgängig monotoner Anstieg der Effekte bei zunehmender Häufigkeit des Erlebens von Informationsüberflutung. Derartig konsistente Dosis-Häufigkeits-Beziehungen bei allen Gesundheitsbeschwerden sprechen für einen evidenten gesundheitlichen Effekt der Informationsüberflutung.

Tabelle 2:  Binäre logistische Regressionsmodelle zur Assoziation von Informationsüberflutung und dem Auftreten gesundheitlicher Beschwerden ­(signifikante Odds Ratios im Fettdruck; p < 0,05). *Adjustiert auf Alter und berufliche Stellung

Tabelle 2: Binäre logistische Regressionsmodelle zur Assoziation von Informationsüberflutung und dem Auftreten gesundheitlicher Beschwerden ­(signifikante Odds Ratios im Fettdruck; p < 0,05). *Adjustiert auf Alter und berufliche Stellung

Diskussion

Methodenkritik

Wie die meisten Querschnittstudien lässt auch diese Studie keine kausalen Schlüsse zu. Bei der gleichzeitigen Erhebung des Erlebens von Informationsüberflutung und gesundheitlichen Beschwerden kann zum Beispiel die zeitliche Aufeinanderfolge von Informationsüberflutung und gesundheitlichen Auswirkungen nicht belegt werden. Hinzu kommt, dass sich die Ermittlung der gesundheitlichen Beschwerden auf die zurückliegenden 12 Monate bezieht, bei der Erfragung der Informationsflut jedoch kein Zeitraum angegeben war und damit unklar bleibt, auf welchen Zeitraum sich seine Bewertungen beziehen. Hieraus können Verzerrungen entstehen, die die Dosis-Häufigkeits-Beziehung von Informationsüberflutung und Beschwerden beeinflussen.

Weiterhin ist davon auszugehen, dass das Erleben von Informationsüberflutung kaum die alleinige Ursache der Beschwerden darstellen dürfte, wenngleich die Dosis-Häufigkeits-Beziehung von Informationsüberflutung und Beschwerden von der Häufigkeit des Erlebens von Informationsüberflutung gemäß der Odds Ratios recht konsistent ist. Neben Alter, beruflicher Stellung und Geschlecht wurden keine weiteren potenziellen Confounder im Datenmaterial identifiziert. Ob bereits bestehende Beschwerden auf eine Grunderkrankung zurückzuführen sind, konnte ebenfalls nicht ermittelt werden. Die Stärke der festgestellten Assoziationen kann aufgrund dieser Einschränkungen verzerrt sein.

Abb 1:  a Zusammenhang von Informationsüberflutung (Odds Ratios) mit verschiedenen gesundheitlichen Beschwerden (Männer). b Zusammenhang von Informationsüberflutung (Odds Ratios) mit verschiedenen gesundheitlichen Beschwerden (Frauen). Eigene Darstellung

Abb 1: a Zusammenhang von Informationsüberflutung (Odds Ratios) mit verschiedenen gesundheitlichen Beschwerden (Männer). b Zusammenhang von Informationsüberflutung (Odds Ratios)
mit verschiedenen gesundheitlichen Beschwerden (Frauen). Eigene Darstellung

Ergebnisdiskussion

Bei allen im Rahmen dieser Studie ermittelten Beschwerdearten zeigte sich mit zunehmender erlebter Informationsüberflutung ein Ansteigen der Beschwerden in der Erwerbstätigenpopulation. Somit kann von einem gesundheitlichen Effekt der Informationsüberflutung ausgegangen werden. Bei den Rücken- und Kreuzschmerzen sowie Magen- und Verdauungsbeschwerden scheint dieser Effekt eher geringer, bei Nervosität/Reizbarkeit, emotionaler Erschöpfung und Schlafstörungen eher höher, wie am Anstieg der Odds Ratios über die Kategorien der Informationsüberflutung zu erkennen ist (➥ Abb. 1).

Bei einigen Beschwerdearten ist insbesondere von der Urteilskategorie „manchmal“ erlebter Informationsüberflutung zu „häufig“ angegebener Informationsüberflutung noch einmal ein relativ starker Anstieg der Beschwerden im Vergleich zu „nie“ bis „manchmal“ zu verzeichnen. Hier drückt sich möglicherweise eine geringe Inkonsistenz bei der subjektiven Zuordnung der Kategorien von Informationsüberflutung aus, unterstreicht aber auch das oben erwähnte Hauptergebnis.

Insgesamt kann der gefundene gesundheitliche Effekt der Informationsüberflutung, der bereits anhand von Daten aus dem Querschnitt der BAuA-Arbeitszeitbefragung 2015 gefunden wurde (Junghanns u. Kersten 2020), nun in der Befragungswelle 2019 bestätigt werden. Die Exposition war 2015 vergleichbar mit 2019: „häufige“ Informationsüberflutung erlebten 21 % der Befragten in 2015 versus 28 % in 2019, „manchmal“ und „selten“ 69 % in 2015 und 64 % der einbezogenen Beschäftigten in 2019, „nie“ entsprechend 10 % in 2015 und 8 % in 2019.

Im Vergleich zu 2015 sind die hier gefundenen Zusammenhänge etwas schwächer. Das betrifft insbesondere die Beschwerden Nervosität/Reizbarkeit (ORs > 4 in 2015 und ORs < 3 in 2019) als auch Niedergeschlagenheit (ORs > 3 in 2015 und ORs < 2 in 2019). Als (wenn auch nur marginal) höher erwiesen sich allerdings die Zusammenhänge von Informationsüberflutung und Beschwerden im Schulter-Nackenbereich, nächtliche Schlafstörungen (Männer) und Hörverschlechterungen/Ohrgeräusche (Frauen). Ursachen für diese Unterschiede könnten im Vergleich zweier Querschnitte mit variierenden Stichproben und dem größeren Stichprobenumfang in 2015 (n = 13.460, n = 7275 in 2019) liegen. Berechnungen zum Längsschnitt stehen hier noch aus und könnten Aufklärung dazu bringen.

Ausblick

Um das Niveau der Belastung durch hohe Informationsmengen zu verringern beziehungsweise um Arbeit gesundheitsgerecht zu gestalten, sind Gestaltungsmaßnahmen erforderlich, die an den Ursachen von Informationsüberflutung und deren Bedingungen am Arbeitsplatz ansetzen. In der Forschung wurden vier Hauptursachen für Informationsüberflutung ermittelt: eine zu hohe relevante Informationsmenge, eine zu hohe daraus resultierende Auftragsmenge, eine geringe Informationsqualität oder Gebrauchstauglichkeit von Informationen und häufige Unterbrechungen durch digitale Medien bei der Arbeit (Piecha u. Hacker 2020, s. „Weitere Infos“). Verschiedene Arbeitsbedingungen können eine Informationsüberflutung befördern, zum Beispiel hohe Zeitbindung, hohe Vielfalt von Arbeitsaufgaben und/oder fehlende Regeln zum Informationsmanagement im Unternehmen. Ansatzpunkte für eine gesundheitsgerechte Gestaltung liegen somit zumeist auf mehreren Ebenen: in der Arbeitsaufgabe, der Arbeitsorganisation, der Informationsgestaltung, den Medien oder im Umgang der Beschäftigten mit den Informationen selbst.

Für eine gesundheitsförderliche Arbeitsgestaltung gilt es, die Wechselwirkung von Ursachen und betrieblichen Bedingungen sowie auch personellen Charakteristika wie Berufserfahrungen und individuellen Umgangsstrategien im Sinne eines Mehr­ebenenansatzes zu berücksichtigen (Junghanns u. Kersten 2019). Die gefundenen Unterschiede im Zusammenhang von Informationsüberflutung und gesundheitlichen Beschwerden zwischen Männern und Frauen erfordern zukünftig eine genauere Untersuchung der Arbeitsbedingungen und Tätigkeitsmerkmale bei beiden Geschlechtern, um Aufschluss über die Ursachen geben zu können.

Im derzeitigen Zeitalter der Digitalisierung, in dem moderne Informations- und Kommunikationstechnologien den Arbeitsalltag der Beschäftigten bestimmen, wird der Umgang mit hohen Informationsmengen nach wie vor eine wichtige Anforderung bleiben, die es tätigkeitsspezifisch zu bewältigen gilt und deren medizinische Relevanz hiermit gezeigt wurde.▪

Interessenkonflikt: Das Autorenteam gibt an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.

Literatur

Antoni CH, Ellwart T: Informationsüberlastung bei digitaler Zusammenarbeit – Ursachen, Folgen und Interventionsmöglichkeiten. Gr Interakt Org 2017; 48: 305–315.

DIN EN ISO 10075-1: Ergonomische Grundlagen bezüglich psychischer Arbeitsbelastung – Teil 1: Allgemeine Aspekte und Konzepte und Begriffe. Berlin: Beuth Verlag, 2018.

Häring A, Schütz H, Kleudgen M, Brauner C, Vieten L, Michel A, Wöhrmann AM: Methodenbericht und Fragebogen zur BAuA-Arbeitszeitbefragung 2019.
1. Aufl.Dortmund, Berlin, Dresden: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 2020.

Junghanns G, Kersten N: Informationsüberflutung am Arbeitsplatz. Einfluss von Arbeitsanforderungen und Ressourcen. Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie 2019; 3: 119–132.

Junghanns G, Kersten N: Informationsüberflutung am Arbeitsplatz Gesundheitliche Konsequenzen. Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie 2020; 70: 8–17.

Toffler A: Future shock. New York: Random House, 1970.

doi:10.17147/asu-1-161296

Weitere Infos

Piecha A, Hacker W: Informa­tionsflut am Arbeitsplatz – Umgang mit großen Informationsmengen vermittelt durch elek­tronische Medien. Forschungs­bericht F2373. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeits­medizin: Dortmund, 2020
https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Berichte/F2373.html

Eine Informationsüberflutung liegt dann vor, wenn die zu verarbeitenden Informatio­nen die individuelle Verarbeitungskapazität einer Person überschreiten

Foto: Thomas Bublak / AdobeStock

Eine Informationsüberflutung liegt dann vor, wenn die zu verarbeitenden Informatio­nen die individuelle Verarbeitungskapazität
einer Person überschreiten

Kernaussagen

  • Das Erleben von Informationsüberflutung gilt als eine relevante Beanspruchungsfolge bei der Arbeit mit digitalen Medien.
  • Bei allen einbezogenen eher psychosomatischen Beschwerdearten zeigt sich mit zunehmend erlebter Informationsüberflutung ein konsistentes Ansteigen der Beschwerden in der Erwerbstätigenpopulation. Informationsüberflutung hat somit Konsequenzen für die Gesundheit und ist deshalb ein arbeitsmedizinisch relevanter Risikofaktor.
  • Psychosomatische Beschwerden, wie emotionale Erschöpfung, Nervosität/Reizbarkeit und nächtliche Schlafstörungen, können Indikatoren sein für das zunehmende Erleben von Informationsüberflutung.
  • Längsschnittbetrachtungen stehen noch aus und könnten weiter Aufschluss über die Langzeitwirkung von Informationsüberflutung geben.
  • Übersicht

    Verwendete Items aus dem Fragebogen der BAuA-Arbeitszeitbefragung

    Zielvariable: Gesundheitliche Beschwerden

    Bei den folgenden Fragen geht es um gesundheitliche Beschwerden in Zusammenhang mit ­Ihrer derzeitigen Arbeit. Geben Sie bitte an, ob die folgenden Beschwerden bei Ihnen in den letzten 12 Monaten während der Arbeit bzw. an Arbeitstagen häufig aufgetreten sind.

    (Antwortkategorien: ja, nein)

     (1) Schmerzen im unteren Rücken, Kreuzschmerzen

     (2) Schmerzen im Nacken-, Schulterbereich

     (3) Kopfschmerzen

     (4) nächtliche Schlafstörungen

     (5) allgemeine Müdigkeit, Mattigkeit oder Erschöpfung

     (6) Magen- oder Verdauungsbeschwerden

     (7) Hörverschlechterung, Ohrgeräusche

     (8) Nervosität oder Reizbarkeit

     (9) Niedergeschlagenheit

    (10) körperliche Erschöpfung

    (11) emotionale Erschöpfung

    Einflussvariable: Schwierigkeiten bei der Bewältigung der Menge an Informationen

    Benutzen Sie bei Ihrer Arbeit Informations- und Kommunikationsmittel wie z. B. das Internet oder E-Mail, das Smartphone? (Antwortkategorien: ja/nein)

    Wenn Frage mit „ja“ beantwortet wurde:

  • Die berufliche Verwendung von modernen Kommunikationstechnologien (Internet, E-Mail, Smartphone etc.) geht oft mit einer hohen Informationsfülle einher. Wie häufig kommt es
    bei Ihrer Arbeit vor, dass diese Menge an Informationen schwer zu bewältigen ist?
  • (Antwortkategorien: häufig, manchmal, selten, nie)

    Koautoren

    An der Erstellung des Beitrags beteiligt ­waren Dr. Norbert Kersten, Gruppenleiter Gruppe 3.4 „Medizinischer Arbeitsschutz, Berufskrankheiten“, BAuA, und apl. Prof. Dr. Martin Schütte, Wissenschaftlicher Leiter Fachbereich 3 „Arbeit und ­Gesundheit“, BAuA.

    Kontakt

    Dr. rer. nat. Gisa Junghanns
    Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA); Fachgruppe „Psychische Belastung und Mentale Gesundheit“; Nöldnerstraße 40/42; 10317 Berlin

    Foto: privat

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