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– Folge 3 –

Persönliche Schutzausrüstung (PSA)

Einleitung

Die meisten Menschen haben an ihrem Arbeitsplatz oder auch im privaten Umfeld mit persönlichen Schutzausrüstungen (PSA) zu tun. Ansprechpartner für Fragen rund um die Auswahl und Benutzung von PSA ist der Fachbereich Persönliche Schutzausrüstungen (FB PSA) der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) e.V., dessen elf Sachgebiete die Regelungen zu PSA im Vorschriften- und Regelwerk der DGUV erstellen. Dabei berücksichtigen sie die Entwicklungen bei Produkten und bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen ebenso wie politische Anforderungen. In dieser Rubrik werden in loser Folge aktuelle Themen aus dem Bereich der persönlichen Schutzausrüstungen aufgegriffen.

Folge 3 stellt verschiedene Formen des Gehörschutzes und seine Funktionen vor.

Folge 3: Gehörschutz mit elektronischer Zusatzfunktion – Vielfalt für den Einsatz am Arbeitsplatz

Personal Protective Equipment (Part 3): Hearing Protection with Electronic Supplementary Function –
Manifold Options for Workplace Use

Prävention  Aktiver Gehörschutz, pegelabhängig dämmender Gehörschutz, elektronische Zusatzfunktionen, Kommunikationseinrichtung, Bluetooth-Verbindung, Active Noise Cancelling, Active Noise Reduction, Antischall etc. Im Bereich von Gehörschutz mit elektronischen Zusatzfunktionen wird eine Vielzahl von Begriffen verwendet, die teilweise die gleiche Sache meinen. Im Folgenden sollen die einzelnen Funktionen vorgestellt werden. Claudia Mattke und Sandra Dantscher

Passiver Gehörschutz

Beim passiven Gehörschutz wird durch das verwendete Material beziehungsweise eine Kombination aus Materialien eine bestimmte Schalldämmung erzeugt. Durch das ausgesuchte Material und die Bauform (z. B. Kapselgehörschützer im Vergleich zu Gehörschutzstöpseln) können Schwerpunkte auf das Dämmen hoher oder tiefer Frequenzen gelegt werden, aber auch eine möglichst gleichmäßige Dämmung angestrebt werden. Man spricht dann von einem flachen Frequenzgang beziehungsweise einer flachen Schalldämmkurve. Diese unterstützt eine bessere Sprach- und Signalverständlichkeit.

Bei vorgefertigtem Gehörschutz sind Schalldämmung und Frequenzverlauf vom Hersteller vorgegeben. Eine Ausnahme bilden Gehörschutz-Otoplastiken. Diese können über eine individuelle Auswahl des Filters bei der Beschaffung auf verschiedene Schalldruckpegel und Frequenzbereiche angepasst werden.

Gehörschutz mit elektronischen ­Zusatzfunktionen

Dazu gehören Gehörschützer mit

  • pegelabhängiger Dämmung,
  • sicherheitsrelevanter Kommunikation,
  • Kommunikation zu Unterhaltungszwecken,
  • aktiver Geräuschkompensation.
  • Pegelabhängige Dämmung

    Pegelabhängig dämmender Gehörschutz wird oft als „aktiver Gehörschutz“ bezeichnet und wird bevorzugt eingesetzt, wenn sich leise und laute Phasen beziehungsweise Bereiche abwechseln. In den lauten Phasen wirkt die passive Dämmung des Gehörschutzes, in leisen Phasen bewirkt die Elektronik eine Verstärkung der Signale. Dazu wird außen am Gehörschutz durch ein Mikrofon der Schalldruckpegel gemessen. In leisen Phasen werden durch einen Verstärker die Signale aus der Umgebung verstärkt. Die Sprachverständlichkeit hängt stark davon ab, wie der Anstiegsverlauf des Innenpegels bei steigendem Außenpegel herstellerseitig umgesetzt wird. Bei der Auswahl sollten deshalb eventuell mehrere Gehörschützer getestet werden.

    Das Prinzip der pegelabhängigen Dämmung wird sowohl in Kapselgehörschützern als auch in Stöpseln genutzt. Meist wird der maximale Schalldruckpegel am Ohr, der von der Elektronik erzeugt wird, auf 82 dB(A) begrenzt.

    Aktive Geräuschkompensation

    Ein anderes Prinzip – die aktive Geräuschkompensation – arbeitet mit Antischall und wird oft als „Active Noise Cancelling“ (ANC) oder „Active Noise Reduction“ (ANR) bezeichnet. Auch dabei wird über ein Mikrofon der auftreffende Schall erfasst. Über einen Verstärker wird Schall phasenverschoben abgegeben. Damit sollen sich die Schallwellen gegenseitig aufheben (destruktive Interferenz) – ein Verfahren, das zum Beispiel in Schalldämpfern eingesetzt wird. Auch bei Gehörschützern wird das Verfahren verwendet. Es erzeugt jedoch nur unter bestimmten Bedingungen einen deutlichen Nutzen für die Anwendenden, wenn ein möglichst konstantes Geräusch mit dem Schwerpunkt bei tiefen Frequenzen vorliegt. Dies gilt zum Beispiel im Flugverkehr, wo häufig Kapselgehörschützer, aber auch Headsets mit ANR zum Einsatz kommen. Bei tiefen Frequenzen (längere Wellenlängen) ist es technisch einfacher, die auftreffenden Schallwellen zu erfassen, zu verarbeiten und das entsprechende phasenverschobene Signal passend abzugeben. Kann die Phasenverschiebung nicht korrekt umgesetzt werden, ist durch das Einbringen zusätzlicher Energie sogar eine Erhöhung des Schalldruckpegels innerhalb der Kapsel möglich. Typischerweise sind Kapselgehörschützer mit ANR bis 500 Hz wirksam, bei Gehörschutzstöpseln sind bis ca. 800 Hz möglich. Leider sind bisher nur wenige Gehörschützer mit dieser Funktion auf dem Markt erhältlich.

    Im Bereich der Unterhaltungselektronik wird das Prinzip des Antischalls von vielen Herstellern bereits in Kopfhörern angewandt. Nutzende dieser Elektronik sind meist begeistert von dem Klangerlebnis. Deshalb wird regelmäßig aus Unternehmen angefragt, ob diese Kopfhörer auch in Lärmbereichen als persönliche Schutzausrüstung verwendet werden können.

    Der Begriff „noise cancellation“ wird auch häufig im Zusammenhang mit Gehörschützern mit Kommunikationseinrichtung (s. unten) genannt. Hier ist aber meist eine Störschallunterdrückung am Mikrofon für die Kommunikationseinrichtung gemeint. Diese Funktion filtert Umgebungsgeräusche heraus, um das Sprachsignal besser vom Untergrund abzuheben (was dem Empfänger des Signals zu Gute kommt). Es handelt sich nicht um eine aktive Unterdrückung des Störlärms am Ohr des Gehörschutznutzenden.

    Sicherheitsrelevante Kommunikation

    Gehörschützer für sicherheitsrelevante Kommunikation sind in verschiedenen Ausführungen erhältlich: zum Anschluss kabelgebundener Geräte, zur Verbindung mit Bluetooth-fähigen Geräten oder als Komplettsystem mit eingebautem Funkmodul. Damit die Kommunikation in allen Situationen möglich ist, ist im Allgemeinen kein Pegelbegrenzer vorhanden. Es ist Aufgabe des Unternehmens, über die Gefährdungsbeurteilung sicherzustellen, dass die Beschäftigten keiner gehörgefährdenden Lärmexposition ausgesetzt sind. Dies kann über die Begrenzung der täglichen Nutzungsdauer erfolgen. Generell erfordert der Einsatz solcher Geräte eine Beurteilung der gesamten Exposition inklusive dem Außenschall, der durch den
    Gehörschutz gedämmt das Ohr erreicht.

    Kommunikation zu Unterhaltungs­zwecken (Entertainment)

    Auch diese Produkte sind mit verschiedenen Übertragungstechniken verfügbar: mit UKW- oder DAB(+)-Radio, zum Anschluss kabelgebundener Geräte oder zur Verbindung mit Bluetooth-fähigen Geräten. Da hier das wiedergegebene Signal nicht zwingend gehört beziehungsweise verstanden werden muss, muss der Wiedergabepegel auf 82 dB(A) begrenzt sein. Damit kann durch die Wiedergabe keine Gehörgefährdung für Nutzende entstehen.

    Nur Kopfhörer oder persönliche Schutzausrüstung?

    Sind also Produkte mit den oben beschriebenen elektronischen Zusatzfunktionen in allen Fällen als persönliche Schutzausrüstung verwendbar? Generell gilt, dass ein Gehörschützer eine EU-Baumusterprüfbescheinigung einer notifizierten Stelle benötigt. Bei der Baumusterprüfung sind sowohl die passiven Eigenschaften als auch die Zusatzfunktionen zu prüfen. Zusätzlich muss eine jährliche Überwachung der Produktion durch eine notifizierte Stelle erfolgen, um eine gleichbleibende Qualität und damit Schutzwirkung zu gewährleisten.

    Wenn ein konkretes Produkt in der engeren Auswahl ist, sollte man die Produktbeschreibung beziehungsweise das technische Datenblatt prüfen. Um als persönliche Schutzausrüstung eingesetzt zu werden, muss Gehörschutz nach DIN EN 352 geprüft sein. Dabei handelt es sich um eine Normenreihe, deren Teile 1 bis 3 die passiven Eigenschaften abdecken und die Teile 4 bis 10 die elektronischen Zusatzfunktionen. Im Einzelnen:

  • pegelabhängig dämmender Gehörschutz: DIN EN 352-4 bzw. -7,
  • Gehörschutz mit sicherheitsrelevanter Kommunikation: DIN EN 352-6 bzw. -9,
  • Gehörschutz mit Kommunikation zu Unterhaltungszwecken: DIN EN 352-8 bzw. -10,
  • Gehörschutz mit aktiver Geräuschkompensation: DIN EN 352-5.
  • Fehlen die jeweils zutreffenden Normenteile in den Unterlagen zum Gehörschutz oder fehlt die Kennzeichnung mit EN 352 auf dem Produkt, ist das Produkt keine persönliche Schutzausrüstung.

    Das gilt zum Beispiel für die oben erwähnten Kopfhörer mit Antischall. Auch wenn die Produkte durch die aktive Geräuschkompensation im angeschalteten Zustand eine Pegelreduzierung am Ohr erreichen, sind sie für Lärmarbeitsplätze nicht einsetzbar. Ähnlich können beispielsweise auch In-Ohr-Headsets zum Anschluss an Mobiltelefone nicht im Lärmbereich verwendet werden, selbst wenn sie durch geeignete Ohrpassstücke dicht im Ohr sitzen.

    Interessenkonflikt: Die Autorinnen geben an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.

    doi:10.17147/asu-1-245707

    Weitere Infos

    DGUV Regel 112-194: ­Benutzung von Gehörschutz

    https://publikationen.dguv.de/regelwerk/dguv-regeln/1012/benutzung-von-…

    DGUV Information 212-024: Gehörschutz

    https://www.bgbau.de/fileadmin/Medien-Objekte/Medien/DGUV-Informationen…

    Internetauftritt des Sachgebiets Gehörschutz der DGUV (­Webcode d33266)

    https://www.dguv.de/fb-psa/sachgebiete/sachgebiet-gehoerschutz/index.js…

    Koautorin

    Dr. rer. nat. Sandra Dantscher
    Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA) Arbeitsgestaltung, Physikalische Einwirkungen; Alte Heerstr. 111, 53757 Sankt Augustin

    Kontakt

    Dipl.-Ing. Claudia Mattke
    Leiterin Sachgebiet ­Gehörschutz der DGUV; BG Nahrungsmittel und ­Gastgewerbe; Dynamostr. 7–11; 68165 Mannheim

    Foto: Stephan Gawlik

    Das PDF dient ausschließlich dem persönlichen Gebrauch! - Weitergehende Rechte bitte anfragen unter: nutzungsrechte@asu-arbeitsmedizin.com.

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